Sculptura #2 festival in Brussels
Zum zweiten Mal findet in Brüssel das Sculptura Festival statt. 2024 wurde Sculptura #2 erweitert und bezieht den öffentlichen Raum mit ein. Die Ausstellung im historischen Gare Maritime wird um einen Skulpturenpark auf dem Gelände von Tour & Taxis sowie von Ausstellungen an verschiedenen Orten in der europäischen Hauptstadt ergänzt.
Sculptura ist eine europäische Geschichte, an der 40 Künstler*innen aus allen Teilen Europas teilnehmen. In Zusammenarbeit dem führenden europäischen Netzwerk für dreidimensionale Kunst sculpture-network.org hatte ich neben meinen Kolleg*innen Anne Berk, Marina Bauer (HRV) und Hilde van Cannyet (BE) die Gelegenheit, zwei Bildhauer*innen aus dem Baltikum für die Ausstellung zu kuratieren:
Sigita Dackevičiũtė (*1959) aus Litauen mit der Installation Nature/Civilisation II aus dem Jahr 2021. Dackevičiūtė studierte Kunst in Vilnius und Kaunas, und unterrichtet Bildhauerei, Komposition und Zeichnung am Kunstgymnasium Kaunas seit 1983.
Ihr Werk umfasst Installationen, Skulpturen und digitale Kunst. Es ist eine Kombination aus abstrakten Formen, geometrischen Mustern, organischen Elementen und leuchtenden Farben. Sie experimentiert oft mit verschiedenen Techniken und Materialien, was ihren Arbeiten eine dynamische und ausdrucksstarke Erscheinung verleiht.
Ihre Installationen mäandern entlang ökologischer Themen und der Überschneidungen von Natur und Technik. Andere Themen, die Dackevičiūtė in ihrem Werk erforscht, sind die Spannung zwischen dem Individuum und der Gesellschaft sowie die Suche nach Identität und Selbsterkenntnis. Sie lenkt ihre Aufmerksamkeit auf Prozesse wie ‚jemand anderes zu werden“, oder „in den Schuhen eines anderen zu stehen“, als auch auf das Infragestellen gewohnter Hierarchien.
Die inhaltliche Spannung verstärkt sie durch Konfrontation und Kontrastierung von Formen, Materialien und Rhythmen. Unterschiedliche Formen und Rhythmen interagieren unterschiedlich mit visuellen Eindrücken: Sie verstärken oder schwächen sich gegenseitig und schaffen zusätzliche, widersprüchliche Schichten von Bedeutung.
Ihre Arbeiten geben keine Antworten, sie versuchen lediglich, die Komplexität die komplexe Beziehung des modernen Menschen zur Natur und Gesellschaft aufzuzeigen.
Des weiteren Mari Männa (* 1991), eine estnische Künstlerin, die bekannt für ihre Skulpturen und Installationen ist. Sie studierte an der Estnischen Kunstakademie, an der Gerrit-Rietveld-Akademie in Amsterdam und an der Aalto-Universität in Helsinki.
Maris Arbeit ist inspiriert von der Natur und alter Architektur. Ihre Skulpturen sind oft abstrakt und minimalistisch und zeigen einen Sinn für Bewegung und Dynamik. Ihre bildhauerische Praxis wird von dem Drang angetrieben, Materialien zu erforschen und als ein tägliches Ritual greifbare Formen zu schaffen. Indem sie sich auf Versuch und Irrtum einlässt, hält sie den dynamischen Fortschritt in ihrer Praxis aufrecht. Gleichsam sind ihre Installatione großformatig und imposant und zeigen die Schönheit der Natur und der menschlichen Interaktion mit der Umwelt.
Die Installationen von Männa laden dazu ein, Ruinen zu entdecken: Reste von antiker Säulen und Reliefs. Ihre Werke scheinen einer archäologischen Stätte zu entstammen, wo man sie aus verschiedenen Perspektiven erkunden kann.
Für sie funktioniert Humor als ein wesentlicher Bewältigungsmechanismus, der es ermöglich, gesellschaftlich unerwünschte Impulse umzulenken. Ihre Kunstwerke verweben persönliche Geschichten mit größeren politischen Geschichten.
Acht Wochen lang (19.01.- 10.03.2024) läuft das Festival unter dem Motto „Art Moves, Art Connects“ (Kunst bewegt, Kunst verbindet), bei dem es um die Entdeckung von Skulpturen aus verschiedenen Kunstrichtungen geht, von monumentalen bis hin zu kleineren Werken. Ziel dieser Begegnung ist es, das Publikum zu ermutigen, sich mit dem Genre der Skulptur zu beschäftigen und sich bewusst damit auseinanderzusetzen, woran man in der Stadt eher vorbeigeht. So wird es in Brüssel selbst mehrere Skulpturen zu entdecken geben, unter anderem im Pixel Museum, im MigrationMuseumMigration in Molenbeek und im Hotel The Dominican.
Unter dem Label des belgischen Vorsitzes des Rates der Europäischen Union im ersten Halbjahr 2024 wurde Sculptura als offizielle kulturelle Aktivität anerkannt. Darüber hinaus wird das Festival eine zusätzliche Komponente haben, die die Kunstsammlung des Europäischen Parlaments hervorhebt.
Der Katalog zur Ausstellung steht hier zum Download bereit.