In loser Reihenfolge veröffentliche ich hier Beiträge rund um die zeitgenössische Kunst. BAM! Berlin Art Management-Projekte, Künstler*innen-Portraits, Einblicke in private und öffentliche Sammlungen, Berichte über Ausstellungen, Kunstmessen und Festivals.
BAM! Blog
Info on Books
21. November 2024 ab 20 Uhr
im Café Babette, Berlin-Neukölln
Endlich ist sie da, die retroaktive Künstler-Monographie MK Kaehne – Π = 3,14159 mit einem Text von Kunstkritikerin Brigitte Werneburg und einem Interview von Anemone Vostell mit MK Kaehne. 176 Seiten stark, mit über 140 Abbildungen aus dem Gesamtkunstwerk des deutsch-russischen Konzeptkünstlers, von den 1990ern bis zu brandneuen Arbeiten direkt aus dem Atelier.
Gestaltet von Felix Müller – muellerandfriends.com und gedruckt bei Katalogdruck-Berlin.de stellen wir die im DCV-Verlag erscheinende Publikation gemeinsam auf der kleinen aber feinen Kunstbuch-Messe Info on Books im Café Babette des Kindl – Zentrums für zeitgenössische Kunst in Berlin Neukölln vor.
„Info on Books“ ist eine regelmäßige Veranstaltung im Café Babette, bei der Künstler und Kunstverleger ab 20 Uhr ihre neuesten Publikationen vorstellen.
Die Publikation wurde ermöglich durch die Präsentationsförderung des Berliner Senats für Kultur, sowie die freundliche Unterstützung der Galerie Hartwich, Rügen sowie Dr. Erika Habermalz – ehm. Galerie Hartwig Bremen.
Der am selben Tag frisch aus dem Druck kommende Katalog ist vor Ort und über den DCV-Verlag für 35 Euro erhältlich.
MK Kaehne – BAR DELUXE
The Reversal of the Readymade
29. November 2024 – 9. März 2025
Die Ausstellung BAR DELUXE des Konzeptkünstlers MK KAEHNE nimmt Bezug auf die Fluxus-Sammlung des Museo Vostell Malpartida – Donation Gino di Maggio und zeigt eine Auswahl von Skulpturen, Objekten und Fotografien aus seinem erweiterten Werkzyklus Bar.
Vor dem Hintergrund des russischen Konstruktivismus und des Moskauer Konzeptualismus hinterfragt KAEHNE die zeitgenössische Idee von Kunst.
Während Duchamp das Urinal zum Readymade erklärte und damit seine Funktion leugnete, betonten Fluxisten wie George Brecht in Werken wie Sink, das in der Sammlung des Museums gezeigt wird, die Absurdität des Alltäglichen.
KAEHNE seinerseits bedient sich der Grammatik des Surrealismus, des Dadaismus und des Fluxus und verwandelt die hyperästhetische Funktionalität seiner Objekte und Skulpturen in Kunst.
Neben der Arbeit Bar Deluxe (2004) sind zentrale Werke wie Die Vorliebe der Bourgeoisie für den Surrealismus… (2011) bis hin zu brandneuen Arbeiten wie Partygirls und Stecker, beide aus diesem Jahr in der Ausstellung zu sehen.
Vernissage unter Anwesenheit des Künstlers
29 November 2024 – 7.30 pm
Museo Vostell Malpartida
Carretetera de Los Barruecos s/n
10910 Malpartida de Cáceres
Extremadura/Spain
Aktuelle Infos finden Sie auf der Facebook-Seite
sowie hier:
SISYPHOS – der Unermüdliche
Bildhauer*innen Symposium
WOLF WERK Halle 109, Darmstadt/DE
11. – 18. Mai 2025
Künstler*innen-Aufruf (Deadline: 31. Januar 2025)
Sisyphos wird als eingebildeter, frecher Kerl beschrieben und so verärgert er die Götter. Sie bestrafen ihn, indem sie ihn verdammen, einen riesigen Felsen Tag für Tag auf einen Berg heraufzuschaffen, auf dass dieser Nacht für Nacht wieder herabrollt.
Auf den ersten Blick ist das ein Fluch, doch gleichzeitig ist es eine Aufgabe, die Sisyphos damit hat. „Also müssen wir uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen denken“ schreibt Albert Camus in seinem Aufsatz „Der Mythos des Sisyphos“. Größer könnte die Unterschiedlichkeit in der Auslegung dieser Metapher als Fluch oder als Aufgabe nicht sein.
Stahlbildhauer Georg-Friedrich Wolf greift die Gestalt des Sisyphos, die in der europäischen Kultur immer wieder Anregung und Gegenstand künstlerischer Schöpfungen von Literatur, Malerei, bis Bildhauerei wurde, als Thema für das dritte Wolf-Werk Symposium im Mai 2025 auf.
Bildhauer*innen aus ganz Europa sind eingeladen, sich für das Symposion zu bewerben um sich in ihrem Material, sei es Stahl, Stein oder Holz, zu diesem vielschichtigen Thema „SISYPHOS – der Unermüdliche“ auszudrücken und von den Synergien des Symposions zu profitieren. Auch materialübergreifende Erfahrungen, sowie das Wechselspiel von Materialien unter gegenseitiger Inspiration und/oder Hilfestellung sind willkommen.
Drei bis vier von der Jury ausgewählte Bildhauer*innen erhalten die Möglichkeit, in der historischen Halle 109, dem Wolf-Werk in Darmstadt, über einen Zeitraum von einer Woche zu kreativem Austausch und gemeinsamem Schaffen an den unterschiedlichsten Skulpturen zusammenzukommen.
Das Thema „SISYPHOS – der Unermüdliche“ soll dabei in seiner bildhauerischen wie inhaltlichen Bedeutung ausgelotet werden. Künstlerisch sind verschiedenste Varianten und Themenstellungen vorstellbar: „Der Leidende oder der Heroische“, „der Sklave seiner Strafe“ oder „der Mensch, dessen Existenz durch seine Aufgabe Sinn erfährt.“
Am Ende des Symposions werden die entstandenen Arbeiten im Rahmen eines dreitägigen Abschluss-Events mit Künstlergesprächen, Bildhauervorträgen und einer Ausstellung vorgestellt.
Ort:
Die Halle 109 bietet mit ihrer Atmosphäre, ihrer Größe und ihrer Ausstattung hervorragende Voraussetzungen für verschiedenste Schaffensprozesse:
450qm Werkstatt Arbeitsfläche plus Außenbereich (ca. 1000qm)
- Equipment: Kran, Stapler, alle Arten Hebe- und Transportfahrzeuge• Hydraulikpresse und Lufthammer• Steinmetzwerkzeuge in Abstimmung organisierbar • Schweißgeräte sowie Gas und Sauerstoff verfügbar
- Materialien: Stahl aller Formate auf Vorbestellung (in Absprache) • Vermittlung von Materialien wie Holz oder Stein möglich
- Kost und Logis: Verköstigung durch ortsansässigen Caterer möglich (Kostenbeteiligung) je nach Abstimmung in privater Pension oder zu Sonderkonditionen im Hotel
- Anreise: auf eigene Kosten
- Transport: der An- und Abtransport der Materialien und Werke geht zu Lasten der Teilnehmenden
Bewerbung:
Bildhauer und Bildhauerinnen aus ganz Europa können sich zur Teilnahme an dem Symposion bewerben. Einzureichen unter sind ausschließlich in digitaler Form:
- Bewerbungsformular (per E-mail erhältlich)
- Portfolio inkl. CV, Arbeitsproben und Artist-Statement (max. 2 MB)
Eine Jury bestehend aus Anne Berk – Kuratorin und Vize-Präsidentin Sculpture Network, Eric Decastro – Maler, Kurator und Kunsthändler, Ludwig Seyfarth, Kunsthistoriker sowie dem Veranstalter selbst, wählt die Teilnehmenden aus.
Bewerbungsschluss ist der 31. Januar 2025!
Projektmanagement: BAM! Berlin Art Management – Anemone Vostell
In Kooperation mit: Sculpture Network
MK Kaehne – Pi = 3,14159
Eine retroaktive Künstlermonographie im DCV-Verlag
Die Biografie des Konzeptkünstlers MK Kaehne (geb. 1963 in Vilnius, lebt und arbeitet in Berlin) oszilliert zwischen Vilnius, Moskau und Berlin.
Vom russischen Konstruktivismus geprägt, zeichnet und baut er Koffer-Skulpturen in Warenhausästhetik, eine Umkehrung des Readymade-Prinzips. Sein Schwerpunkt verlagert sich allmählich vom Formalen zum Psychologischen, hin zu lebensgroßen Figuren wie It’s me (2023): eine hyperrealistische Nachbildung seiner selbst, kopfüber im Schlamm liegend, daneben ein Gartenzwerg.
Kaehne arbeitet streng analytisch, die Ergebnisse aber sind voller Tragik und Ironie. Absichtslose Zeichnungen, in denen Biografisches, Dadaistisches und Politisches verschmelzen, begleiten sein Oeuvre. Ein Gesamtkunstwerk, das die persönliche wie gesellschaftliche Entwicklung nachzeichnet.
Aus der Malerei kommend, entwickelt Kaehne zunächst Objekte zur Beobachtung und Vermessung des Bildraumes, zeichnet, konstruiert und baut Koffer-Skulpturen, mit denen er Gesellschaftliches, wie Autobiographisches thematisiert. Geprägt vom russischen Konstruktivismus, hineinkatapultiert in die Wendezeit verfolgt er quasi eine fluxistische Strategie, die Brüche seiner Zeit zu verarbeiten.
MK Kaehne ist Bildhauer, der Systeme präzise plant und baut. In ihrer detaillierten Mechanik und konsequenten Ausführung sind seine Skulpturen luxuriöse Erfüllungsbaukästen, die vom Schneebesen bis zur Krawattennadel alles bieten, was man im Alltag braucht. Aber Kaehne ist kein Designfetischist! In ihrer Warenhausästhetik sind seine Werke Kunstobjekte, mit denen er die geschönte Sichtweise der Konsumwelt brechen will.
Grammatikalisch-formal wie inhaltlich-diskursiv stellt er sich in den Kontext seiner Vorbilder Malewitsch oder auch Duchamp. Sucht ein Bild zu kreieren, das stimmig ist, gedanklich und formal. Präzise formuliert der Bildhauer in seinen Objekten die gesellschaftlichen Themen seiner Zeit, nimmt den konstruktivistischen Anspruch ernst.
In seinen jüngsten Arbeiten verlagert sich der Schwerpunkt vom Formalen mehr zum Psychologischen. Kaehne kreiiert nun lebensgroße Figuren, wie z. Bsp. „It’s me“ (2023). Eine hyperrealistische Nachbildung seiner selbst, kopfüber im Schlamm liegend, neben einem schelmischen Gartenzwerg. Die Arbeit am Thema ist stets streng analytisch, Kaehnes Resultate aber sind ironisch.
Projektionsfläche ist das biografische Erleben des Künstlers. Die Subjektivität wird so weit abstrahiert, dass sie zum Kunstwerk wird. „Alles kann in die Kreativität einfließen, durch wachsames Beobachten. Ohne Absicht, ohne Wollen“, so MK Kaehne, aber „es muss unbedingt wertfrei sein!“
In einer Endlos-Serie datumsloser Zeichnungen „P=3,141…“, die sein komplettes Oeuvre begleiten, lässt Kaehne Biografisches, Dadaistisches und Politisches miteinander verschmelzen. Ein Gesamtkunstwerk, das wie kein anderes die persönlichen wie gesellschaftlichen Entwicklungen vor dem Hintergrund einer Ost-West-Biografie nachzeichnet, ge- und erlebt vor allem in Berlin Prenzlauer Berg.
19,7 x 31,5 cm / 16,2 x 31,5 cm, Rahmenmaße 67 x 50 cm, Foto Eric Tschernow.
Die zeitgeschichtliche Einordnung seines Werkes wird durch einen Text der Kultur-Journalistin Brigitte Werneburg vorgenommen. Werneburg war Redakteurin bei der taz – die tageszeitung und hat Kaehnes Werke bereits 1995 in der Galerie Johannes Zielke und 2017 bei Michael Schultz besprochen. Ergänzt durch ein Gespräch mit der langjährigen Kennerin seines Werkes, Kulturmanagerin Anemone Vostell, in dem Kaehne sein künstlerisches Selbstverständnis erläutert, das im Spannungsfeld von Ost-Sozialisation und West-Erlebnis, staatlicher Protektion und Markt-Freiheit steht.
Die Monographie bildet eine chronologische Übersicht seiner wichtigsten Werke in fließendem Übergang ab: von den Anfängen der Malerei über erste Installationen und Objekte, unterbrochen von Zeichnungen, bis hin zu den teils fotografisch inszenierten Skulpturen.
Insgesamt ist die retroaktive Monographie als bilanzierende Positionierung des Künstlers in unseren Zeiten des Umbruchs, aber vor allem auch vor dem Hintergrund der weltpolitischen Ereignisse, quasi in der Umkehrung des Mauerfall-Phänomens, zu lesen, für das das Berlin der Vor- und Nach-Wendezeit steht.
Die Kreiszahl Pi=3,141… beschreibt das Verhältnis von Umfang zu Durchmesser und hat unendlich viele Nachkommastellen. Darin sind bislang keine vorhersagbaren Muster erkennbar, die Ziffernfolge erscheint chaotisch und ist somit eine Konstante ohne Einheit.
In konsequenter Logik aus der räumlichen Arbeit eines Bildhauers übersetzt Kaehne dieses Prinzip der Irrationalität auf die Gestaltung des Katalogs, indem die chronologische Übersicht seines Gesamtkunstwerks, den fließenden Übergang von der Malerei, über die „Werkzeuge zum Koordinieren und Beobachten“ bis hin zu den Objekten und Skulpturen, durch absichtslose Zeichnungen unterbricht, und gleisam den Kreis seines künstlerischen Schaffens schließt.
Die Gestaltung des im November 2024 im DCV-Verlag erscheinenden Katalogs erfolgt in Zusammenarbeit mit der Gestaltungsplattform müller&friends grafikdesign. von Prof. Felix Müller.
Gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt Berlin, sowie mit freundlicher Unterstützung von Dr. Erika Habermalz, ehm. Galerie Hartwig, Bremen und Galerie Hartwich, Rügen.
Sandstein voller Leben!
SteinBruchZeit & Skulpturensommer – ein Tagesausflug nach Pirna
Zur Finissage der Jubiläumsausstellung des Berliner Bildhauersymposions Stein Bruch Zeit mit Kunstgespräch und einem Besuch des alljährlichen Pirnaer Skulpturensommers führt meine Sculpture Network Dialogue-Veranstaltung nach Pirna und findet „Sandstein voller Leben“.
Begegnungen mit Prof. Helmut Heinze, Mentor des Pirnaer Skulpturensommers, Ko-Kuratorin Gisela Protze und später Kuratorin Christiane Stoebe, sowie der Organisatorin des Berliner Bildhauersymposiums, Margerite Blume-Cárdenas, Ursula Güttsches und Robert Schmidt-Matt, beide langjährige Teilnehmende am Symposium, zeigen uns wie lebendig Skulptur sein kann.
Jedes Jahr findet auf dem Sonnenstein, hoch oben über der Stadt Pirna, der Skulpturensommer statt. Unterhalb des Schlosses, in den Bastionen der ehemaligen Festungsanlage kuratiert die Bildhauerin und Kunstpädagogin Christiane Stoebe gemeinsam mit den Ko-Kuratorinnen Gisela Protze und Bettina Heymann wechselnde Themenausstellungen mit Figuren, Installationen und Interventionen. Die kolossale Verteidigungsarchitektur wird mit klassischer wie zeitgenössischer Skulptur konfrontiert, zu neuem Leben erweckt. Einem Leben, dass sich mit Haltung. Haltungen der Vergangenheit, aber auch der Gegenwart stellt.
Unter diesem Titel vereint der Pirnaer Skulpturensommer 2024 figürliche Arbeiten von Christa Biederbick (DE), Laura Eckert (DE), Jakub Goll (CZ), Hermann Grüneberg (DE), Elisabeth Howey (DE), Michal Hradil (CZ), Aleš Hvízdal (CZ), Käthe Kollwitz (DE), Agnes Lammert (DE), Martin Malý (CZ), Dana Meyer (DE), Katja Neubert (DE), Sebastian Paul (DE), Tillmann Riemenschneider (DE), Julia Schleicher (DE), Siegfried Schreiber (DE), Petr Šťastný (CZ) wie auch Installationen und Interventionen von Valentin Hertweck (DE), Michal Hradil (CZ), Juliane Jaschnow (DE), Julio Meiron (BR/DE), Irene Pätzug (DE) und Adam Velíšek (CZ).
Li.: Siegfried Schreiber, Rosel II, um 1986, Bronze, 168 cm, Leihgabe Städtische Museen Zittau. Re.: Christa Bieberbick, Mädchen auf rotem Tuch, 1971-72, Polyester, eingefärbt, 167 x 104 x 63 cm, Leihgabe d. Künstlerin. Photo: Anemone Vostell
Das Zusammenspiel historischer wie klassischer Plastiken von Käthe Kollwitz (Pieta 1937-38), Siegfried Schreiber (u.a. Mädchentorso mit gesenktem Kopf, 1980) sowie einer Replik von Tilman Riemenschneiders Maria (Original aus der Renaissance) mit zeitgenössischer Skulptur von Christa Biederblick (Mädchen auf rotem Tuch, 1971-72), Agnes Lammert (Mud, 2016) oder Adam Velišek (Kinetic sculpture alley, 2019) überrascht; bricht die sowohl starre Umgebung als auch Erwartung auf.
Durch die sich öffnenden wie schließenden Räume gelangen die Besucher*innen tief hinein in das Gewölbe. Der Blick fällt hinab auf die Intervention von Irene Pätzug und Valentin Hertweck (Der Schleier allein macht die Nonne nicht, 2024) die Christa Biederbicks Figur Soldat (1994-97) umspielt: ein durchsichtig rosafarbener Gaze-Vorhang streicht sanft über die auf einem Stuhl sitzende, erstarrte Figur eines Mannes in Militärmantel und -stiefeln, die Hände geballt aber kraftlos auf dem Schoß liegend.
Prof. Helmut Heinze (*1932), selbst Bildhauer und ehemals Professor für Plastik an der Hochschule für Bildende Künste Dresden erinnert uns bereits vorab an die grausame Geschichte der unweit gelegenen Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein, in der in den Jahren 1940/41 unter den Nationalsozialisten nicht weniger als 13.720 vorwiegend psychisch kranke und geistig behinderte Menschen sowie mehr als tausend Häftlinge aus nationalsozialistischen Konzentrationslagern ermordet wurden.
Im Vorfeld der Dialogveranstaltung, während des EU-Wahlkampfs, erreichen mich sorgenvolle Rückfragen bis hin zu heftiger Kritik, dass ich im Zuge des allgemeinen Rechtsrucks vor allem auch in Sachsen, diesen Tagesausflug überhaupt anbiete. Meine Antwort darauf, dass gerade deshalb, der Dialog wichtig ist, bestätigt sich in vielerlei Hinsicht. Engagierte Menschen, Künstler*innen, Professor*innen und einfache Kunstliebhaber*innen stellen Projekte wie diese vor Ort auf die Beine, eröffnen ein Narrativ der Haltung und Haltungen. Stoßen das Gespräch an, geben der Geschichte die Möglichkeit erzählt zu werden, schaffen Verständigung mit dem Ergebnis des Erkennens.
Seit mehr als einer Dekade fährt Kuratorin Christiane Stoebe mit ihrem Wagen durch die Lande, besucht Ateliers, Museen und Sammlungen, um die Exponate zusammen zu stellen. In diesem Jahr belebt sie mit Werken tschechischer Künstler*innen die kulturellen Beziehungen zum Nachbarland. Hier fallen vor allem die Arbeiten von Petr Štastny (Weight, 2019) und Michal Hradil (Construction, 2016) auf.
Ausstellungsansichten mit Werken von: li. Siegfried Schreiber, Michal Hradil und Katja Neubert, re. Petr Štastny. Photos Anemone Vostell.
Kunstkritiker Marcel Fišer schreibt im Katalog zur Ausstellung: „Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich die politische Situation völlig verändert, nachdem die Deutschen aus der Tschechoslowakei vertrieben worden waren und auf den Trümmern von Hitlerdeutschland gleich drei Staaten entstanden waren. Man möchte meinen, dass der Kulturaustausch am stärksten mit dem Staat hätte sein sollen, der zum sozialistischen Lager gehörte, als mit der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Aber das Gegenteil ist wahr: es existierten zwar die verschiedensten „Freundschafts-Ausstellungen“ auf der Ebene der Regionen, doch irgendeine repräsentative Schau der zeitgenössischen ostdeutschen Kunst, die etwa der Ausstellung Kunst der Bundesrepublik Deutschland im Prager Mánes im Jahr 1967 entsprochen hätte, hat es in der Tschechoslowakei nie gegeben. Ebenso konnten wir im Jahr 1988 in der Nationalgalerie in Prag eine große Ausstellung von Otto Herbert Hajek sehen, der noch in Böhmen geboren wurde und in den Jahren 1972 bis 1979 erster Vorsitzender des Deutschen Künstlerbunds war, also der offiziellen Organisation der westdeutschen bildenden Künstler, während sein Landsmann aus dem nordböhmischen Chrastava (Kratzau) Willi Sitte, der in den Jahren 1974 bis 1988 Präsident des Verbandes Bildender Künstler (VBK) der DDR war, eine derartige Ausstellung niemals erlebte.(…) Dem Wesen der heutigen Situation, wo eindeutige Hierarchien und dominante Zentren verschwunden sind, entspricht jedoch eher die Metapher eines dichten Netzes von Beziehungen zwischen den einzelnen Akteuren des Kunstbetriebs auf den unterschiedlichsten Ebenen, in das sich auch die gegenwärtige Ausstellung einbringt.“[1]
Schnitt: Unter Sonnenschirmen sitzen wir auf der Terrasse der Schänke und lauschen den Ausführungen des 92jährigen Zeitzeugen Heinze, stellen Bezüge zu gesellschaftskritischen Strömungen der Kunstgeschichte wie der Fluxus- und Happening-Bewegung her, bevor wir ins StadtMuseum Pirna durch die Gassen dieser schönen Renaissance-Stadt laufen.
Anlässlich des 50jährigen Jubliäums des „Berliner Bildhauersymsposiums“ zeigt die Ausstellung Stein Bruch Zeit im StadtMuseum Pirna Arbeiten von Eva Backofen, Günter Blendinger, Marguerite Blume-Cárdenas, Inka Gierden, Karin Gralki, Ursula Güttsches, Sigrid Herdam, Ulrich Jörke, Liz Kratochwil, Karl Möpert, Emerita Pansowová, Robert Schmidt-Matt, Karin Tiefensee, Annette Tucholke-Bonnet und Berndt Wilde, die über die Jahre im Steinbruch Rheinhardtsdorf I geschaffen wurden. Sein feiner und gleichsam fester Elbsandstein zog Anfang der 1970er Jahre den Berliner Bildhauer Karl Möpert an, der 1974 das erste Berliner Bildhauersymposium im Steinbruch Reinhardtsdorf, initiierte.
In dem von Detlef Schweiger moderierten Kunstgespräch reflektieren Bildhauerin und Organisatorin Marguerite Blume-Cárdenas (Berlin), Bildhauerin Ursula Güttsches (Dresden) sowie Robert Schmidt-Matt (Berlin) über die Entwicklung und Perspektiven des mittlerweile privatwirtschaftlichen Symposiums.
Ursprünglicher Schirmherr des „Berliner Bildhauersymposiums“ war damals der Verband Bildender Künstler der DDR mit Sitz in Berlin. An jedem Symposium nahmen sieben bis zehn Bildhauerinnen und Bildhauer aus Berlin und den Bezirken der DDR teil. Außerdem wurden Gäste aus Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, der Ukraine, Finnland und Österreich eingeladen. Der Kulturfond der DDR förderte das Symposium mit Stipendien, Kosten für Unterkunft, Steinmaterial, Werkzeugen und Transporten. Der VEB Elbenaturstein Dresden wurde Partner. Den Teilnehmenden standen jeweils 1/3 qm Stein zur Verfügung. Alle konnten frei ohne Vorgabe eines Themas arbeiten. Die fertigen Skulpturen blieben Eigentum der Künstlerinnen und Künstler. Einige davon befinden sich heute in Museen.
Ab 1991 wurde das Symposium vier Wochen im Juni unter eigener Finanzierung mit Unterstützung der Sächsische Sandsteinwerke GmbH weitergeführt. Als der Bildhauer Karl Möpert im Jahr 2010 aus gesundheitlichen Gründen ausschied, übernahm die Bildhauerin Marguerite Blume-Cárdenas, die seit Beginn des Symposiums aktiv mitgearbeitet hat, die Organisation bis heute. Während der übrigen Sommermonate konnten der Neue Sächsische Kunstverein, Studierende der Hochschule für Bildende Künste Dresden, der Kunsthochschulen Berlin-Weißensee und der Burg Giebichenstein Halle die im Steinbruch geschaffenen Arbeitsbedingungen auch für ihre Symposien und Studienaufenthalte nutzen.
So war auch die in Bonn geborene Bildhauerin Ursula Güttsches als Studierende der Klasse Heinze in den Steinbruch gekommen, hatte sich am Elbsandstein ausprobieren können und ist drangeblieben. Der Stein fordert das gemeinsame Anpacken, besonders wo es jetzt keine industriellen Brechwerkzeuge mehr gibt. Ingenieurswissen, wie das von Robert Schmidt-Matt, an welcher Stelle die einzelnen Keile gesetzt und dann der Reihe nach eingeschlagen werden, um den Block zu brechen, wird geteilt.
Li.: Marguerite Blume- Cardenas, Auftakt, 2017, Reinhardtsdorfer Sandstein, 60 × 22 × 20 cm, re.: Karl G. Möpert, Natursteine, 1997, Reinhardtsdorfer Sandstein, 45 × 30 × 15 cm
Später organisierten Berliner und Dresdner Bildhauerinnen gemeinsam mit dem Caritasverband für Dresden e.V. und der Gemeinde Reinhardtsdorf internationale Jugend- und generationsübergreifende Bürgerprojekte. Ein Skulpturenwanderweg verbindet heute Steinskulpturen in der Landschaft in und um Reinhardtsdorf, die während der internationalen Bildhauersymposien und anderer Projekte im Steinbruch entstanden sind.
Der Austragungsort des Symposiums hat sich bis heute nicht geändert, man arbeitet weiter im Steinbruch – allerdings war Reinhardtsdorf I nur bis Ende der 1990er-Jahre in Betrieb, langsam abgelöst durch den benachbarten Sandsteinbruch Reinhardtsdorf II, zwischen Krippen und Reinhardtsdorf gelegen. Das Symposium findet weiter auf dem Gelände des inzwischen teilweise rückverfüllten Steinbruchs Reinhardtsdorf I statt, allerdings ohne Strom und Wasser. Und mit Öffnung von Reinhardtsdorf II war auch der von beiden Seiten geschätzte direkte, ständige Kontakt zwischen Steinbrechern und Künstler*innen, zwischen Steinabbau und Kunstmachen, gekappt.[2]
Eine öffentliche Ausschreibung des Symposiums wird nicht angestrebt, hielte zu sehr von der künstlerischen Arbeit ab. Es gibt keine Website, keine Social Media, auch kein Archiv. Aber eine sehr schöne Begleit-Publikation zur Ausstellung. [3]
Man kennt sich untereinander und sei offen für informelle Bewerbungen: bei Interesse bitte bei Marguerite Blume-Cárdenas oder den anderen Teilnehmer*innen melden!
[1] Marcel Fišer: Zur Einführung in die Ausstellung, in: Pirnaer Skulpturensommer, KTP Pirna 2024
[2] Quelle: Dr. Teresa Ende, Eröffnungsrede „SteinBruchZeit“, Pirna 2024.
[3] Stein Bruch Zeit – 50 Jahre Berliner Bildhauersymposium im Steinbruch Reinhardtsdorf, Hrsg: Marguerite Blume-Cárdenas in Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum Pirna, 2024. Zu bestellen per Mailanfrage an für 8,- Euro inkl. Versand; oder bis Jahresende 2024 im Stadtmuseum Pirna vor Ort für 6,- Euro erwerbbar.
50 Jahre Berliner Bildhauersymposium & Skulpturensommer in Pirna
Sculpture Network Dialogue in Pirna
Kommen Sie mit auf einen Tagesausflug zum Skulpturensommer in Pirna und sprechen Sie mit den KünstlerInnen des Berliner Bildhauersymposiums!
Sonntag, 23. Juni 2024
Zum Jubiläum des 1974 unter der Schirmherrschaft des Verbands Bildender Künstler der DDR (VBK) gegründeten Berliner Bildhauersymposiums, zeigt das StadtMuseum Pirna Arbeiten, die während der zahlreichen Symposien im Steinbruch Reinhardtsdorf geschaffen wurden. Zur Finissage der Ausstellung SteinBruchZeit spricht der Dresdner Künstler Detlef Schweiger mit den Bildhauerinnen Marguerite Blume-Cárdenas (Berlin) und Ursula Güttsches (Dresden).
Marguerite Blume-Cárdenas hat seit Beginn des Symposiums aktiv mitgearbeitet und hat 2010 in der Nachfolge des Gründers Karl Möpert die Organisation übernommen. Ursula Güttsches, ebenfalls langjährige Symposiumsteilnehmerin, ist Kuratorin der Jubiläumsausstellung. Weitere Künstler und Künstlerinnen, wie Sculpture Network-Mitglied Robert Schmidt-Matt sind anwesend.
Zeitgleich startet auf dem Sonnenstein, hoch oben über der Stadt der Pirnaer Skulpturensommer in seine zweite Dekade. Mit Figuren, Installationen und Interventionen unterhalb des Schlosses, in den Bastionen der ehemaligen Festungsanlage, zeigt Pirnas Kulturpreisträgerin Christiane Stoebe unter dem Titel „Haltung. Haltungen“ Skulpturen aus Deutschland und Tschechien. Die Ausstellung fordert dazu auf, unterschiedliche Haltungen einzunehmen: zu sich selbst, zum „Du“ und zu den Themen unserer Zeit.
Programm
08:15 Treffpunkt Berlin Hauptbahnhof (Mitte Gleis 2. Abfahr 8:26 Uhr mit IC 2173)
11:30 Treffpunkt Bahnhof Pirna (Ankunft mit S1 aus Dresden um 11:21Uhr )
Spaziergang hoch zur Festung Sonnenstein
12:00 Führung durch den „Skulpturensommer – Haltung. Haltungen“
13:30 – 14:30 Mittagessen in einem Restaurant am Markt
15:00 Kunstgespräch „SteinBruchZeit“
18:15 Abfahrt von Pirna über Dresden nach Berlin (Ankunft 20:43 Uhr)
Programmsprache Deutsch (bei Bedarf Russisch und Englisch)
Die Anzahl der Teilnehmer ist begrenzt.
Maximal 20 Teilnehmende. Mitglieder haben Vorrang.
Online-Anmeldung bis zum 20. Juni erforderlich: hier!
Teilnahmegebühr: 40 Euro
Sculpture Network-Mitglieder: 30 Euro
Bitte zahlen Sie passend vor Ort.
(Eintritt ist im Preis enthalten. Reisekosten und Verpflegung nicht.)
Veranstaltungsorte:
StadtMuseum Pirna (SteinBruchZeit)
Klosterhof 2, 01796 Pirna
und
Bastionen Festung Sonnenstein (Skulpturensommer)
Schlosshof 2/4, 01796 Pirna
Sculpture Network’s Emerging Sculptor Award 2024
BAM! nominierte Künstlerinnen besetzen die ersten beiden Plätze des neu ins Leben gerufenen Preises für aufstrebende Bildhauer*innen
Zum ersten Mal vergibt Sculpture Network, das führende Netzwerk für dreidimensionale Kunst in Europa, drei Preise, um den künstlerischen Weg aufstrebender Bildhauer*innen zu unterstützen. BAM! Berlin Art Management nomierte die beiden ersten Plätze: Der erste Preis geht an Ruta Putramentaite (geb. 1989, LT), der zweite Preis an Jindřiška Jabůrková (geb. 1995, CZ). Der dritte Preis an Nevena Ekimova (geb. 1984, BG).
Die Koordinator*innen des Netzwerks waren aufgefordert, mindestens drei Künstler*innen im Alter von bis zu 40 Jahren für den Preis zu nominieren, der an keinerlei Auflagen gebunden, und mit jeweils 3.500, 2.500 und 1.500 Euro dotiert ist.
Platz 1 belegt Ruta Putramentaite aus Litauen. Sie hat einen unverwechselbaren und interaktiven Weg eingeschlagen, um der Frage nachzugehen, was es bedeutet, Mensch im 21. Jahrhundert zu sein. Sie bewegt sich an der Grenze zwischen persönlichen und kollektiven Spuren und konzentriert sich auf die asymmetrische Beziehung zwischen Natur und Mensch. In ihren Arbeiten, in denen sie die verschiedensten Medien einsetzt, darunter Skulptur, Schrift, Audio und Performance, verbindet sie die Wiedergabe übernommener Botschaften mit ihrer eigenen Agenda.
Wir treffen auf Fragmente der Hinterlassenschaft menschlicher Aktivitäten und ihrer Wirkung auf die Umwelt. Durch ihre Installationen wird die Verflechtung von industriellen und natürlichen Prozessen offengelegt, konzeptionelle Unterscheidungen werden in Frage gestellt und ihr wechselseitiger Einfluss sichtbar gemacht. Ihre einzigartige Fähigkeit, diese existenziellen Fragen künstlerisch zu transportieren, zeichnet ihre Auseinandersetzung mit unserer Zukunft aus.
Ruta Putramentaite (geb. 1989) stammt aus Litauen, lebt in Tschechien. Sie studierte Fotografie an der Middlesex University in London und ist Absolventin des Prager UMPRUM (Edith Jeřábková und Dominik Langs Studio für Bildhauerei).
Kuratorin Veronika Čechová (Entrance Gallery, Praha/CZ), mit der ich über das Saloon Netzwerk verbunden bin, macht mich auf die junge Bildhauerin Jindřiška Jabůrková aufmerksam. Sie fasziniert mit ihrer Fähigkeit, magische Welten zu erschaffen. Mit gezielten Gesten, die spielerisch erscheinen, lädt Jabůrková die Betrachter:innen ein, sie auf ihrer fesselnden Reise zu begleiten.
Aus weggeworfenen Materialien, die sie im öffentlichen Raum findet, formt Jabůrková ihre eigenen einzigartigen Objekte. Sie erscheinen uns wie natürlich gewachsene Formen und Strukturen und bilden neue Gegenstände ohne Funktionen, die in ihrem eigenen Kosmos unser tägliches Handeln hinterfragen. Ihre künstlerischen Arbeiten ähneln Landschaften, wobei die entstehenden Objekte an Narben auf der Haut erinnern und zum Nachdenken über unsere Konsumgewohnheiten anregen.
Jindřiška Jabůrková wurde 1995 in Zlin, Tschechische Republik, geboren und studierte an der Akademie der Bildenden Künste in Prag.
Den dritten Preis belegt die bulgarische Bildhauerin Nevena Ekimova, nominiert von Künstlerin und Sculpture Network Koordinatorin Marina Bauer.
Nevena Ekimovas tiefe Leidenschaft für den bildhauerischen Ausdruck zeigt sich in ihrer engen Verbindung zum Publikum wider. Ihre visuell beeindruckenden und taktilen Kunstwerke sind eine Mischung aus Poesie und Performance und laden zur aktiven Auseinandersetzung ein.
In ihren Werken erforscht sie die Machtdynamik in Beziehungen und die Traditionen Bulgariens. Ausgebildet in Norwegen, Island und an der schwedischen Kunstakademie Valand, schafft Ekimova eine Verbindung zwischen ihrer internationalen Kunstausbildung und dem kulturellen Erbe ihres Heimatlandes. In Anknüpfung an die Textiltradition von Gabrovo verwendet sie in ihren Werken recycelte Stoffe. Sie überzeugte die Jury mit ihrem erzählerischen Charme und ihrer starken Bindung an das Erbe ihres Heimatlandes. Ekimova ist eine hervorragende Wahl für die Auszeichnung.
Sculpture Network fördert das Medium Skulptur durch die Vernetzung von Künstler:innen, Kunstfachleuten, Kurator:innen und Liebhaber:innen der Bildhauerei in Europa und darüber hinaus. Seine Mitglieder haben die Möglichkeit, ihre Werke auf der Website dieses führenden Netzwerks für dreidimensionale Kunst zu präsentieren, und profitieren von seiner Reichweite. Über die Sculpture Network-Website, die sozialen Medien, den Newsletter sowie Live- und Online-Veranstaltungen werden Skulpturliebhaber:innen international verknüpft.
Das Kuratorium von Sculpture Network, der Künstler und Mitbegründer Hartmut Stielow und die Kunsthistorikerin Laure Debouttiere schlugen vor, den Emerging Sculptor Award ins Leben zu rufen, um aufstrebende Bildhauer:innen im Alter von 25 bis 40 Jahren zu fördern und zu unterstützen.
Für den ersten Platz wurden 3.500,- Euro vergeben, der zweite Preis ist mit 2.500,- Euro und der dritte Preis mit 1.500,- Euro dotiert. Die Preisträger:innen erhalten außerdem eine kostenlose einjährige Mitgliedschaft im Sculpture Network.
Die Koordinator:innen von Sculpture Network, Susanne Ahrenkiel, Marina Bauer, Neus Bergua, Anne Berk, Frank Nordiek, Hilde van Canneyt und Anemone Vostell, haben 32 Kandidaten und Kandidatinnen nominiert. Als Kunstfachleute und Künstler:innen haben sie einen Einblick in die Kunstszene ihrer Länder und der angrenzenden Regionen.
Die Jury war mit Hartmut Stielow, Laure Debouttiere, dem Künstler und Kurator Philipp Morlock unter dem Vorsitz von Künstler und Assistant to the Board Blake Ward besetzt. Nach Durchsicht von 32 beeindruckenden Bewerbungsprofilen und Portfolios traf die Jury ihre Wahl anhand der Kriterien künstlerische Innovation und Experimentierfreude sowie Bekenntnis der Kandidat:innen zum Medium Skulptur.
Weitere Informationen finden Sie unter diesem Link!
Art moves – art connects
Sculptura #2 festival in Brussels
Zum zweiten Mal findet in Brüssel das Sculptura Festival statt. 2024 wurde Sculptura #2 erweitert und bezieht den öffentlichen Raum mit ein. Die Ausstellung im historischen Gare Maritime wird um einen Skulpturenpark auf dem Gelände von Tour & Taxis sowie von Ausstellungen an verschiedenen Orten in der europäischen Hauptstadt ergänzt.
Sculptura ist eine europäische Geschichte, an der 40 Künstler*innen aus allen Teilen Europas teilnehmen. In Zusammenarbeit dem führenden europäischen Netzwerk für dreidimensionale Kunst sculpture-network.org hatte ich neben meinen Kolleg*innen Anne Berk, Marina Bauer (HRV) und Hilde van Cannyet (BE) die Gelegenheit, zwei Bildhauer*innen aus dem Baltikum für die Ausstellung zu kuratieren:
Sigita Dackevičiũtė (*1959) aus Litauen mit der Installation Nature/Civilisation II aus dem Jahr 2021. Dackevičiūtė studierte Kunst in Vilnius und Kaunas, und unterrichtet Bildhauerei, Komposition und Zeichnung am Kunstgymnasium Kaunas seit 1983.
Ihr Werk umfasst Installationen, Skulpturen und digitale Kunst. Es ist eine Kombination aus abstrakten Formen, geometrischen Mustern, organischen Elementen und leuchtenden Farben. Sie experimentiert oft mit verschiedenen Techniken und Materialien, was ihren Arbeiten eine dynamische und ausdrucksstarke Erscheinung verleiht.
Ihre Installationen mäandern entlang ökologischer Themen und der Überschneidungen von Natur und Technik. Andere Themen, die Dackevičiūtė in ihrem Werk erforscht, sind die Spannung zwischen dem Individuum und der Gesellschaft sowie die Suche nach Identität und Selbsterkenntnis. Sie lenkt ihre Aufmerksamkeit auf Prozesse wie ‚jemand anderes zu werden“, oder „in den Schuhen eines anderen zu stehen“, als auch auf das Infragestellen gewohnter Hierarchien.
Die inhaltliche Spannung verstärkt sie durch Konfrontation und Kontrastierung von Formen, Materialien und Rhythmen. Unterschiedliche Formen und Rhythmen interagieren unterschiedlich mit visuellen Eindrücken: Sie verstärken oder schwächen sich gegenseitig und schaffen zusätzliche, widersprüchliche Schichten von Bedeutung.
Ihre Arbeiten geben keine Antworten, sie versuchen lediglich, die Komplexität die komplexe Beziehung des modernen Menschen zur Natur und Gesellschaft aufzuzeigen.
Des weiteren Mari Männa (* 1991), eine estnische Künstlerin, die bekannt für ihre Skulpturen und Installationen ist. Sie studierte an der Estnischen Kunstakademie, an der Gerrit-Rietveld-Akademie in Amsterdam und an der Aalto-Universität in Helsinki.
Maris Arbeit ist inspiriert von der Natur und alter Architektur. Ihre Skulpturen sind oft abstrakt und minimalistisch und zeigen einen Sinn für Bewegung und Dynamik. Ihre bildhauerische Praxis wird von dem Drang angetrieben, Materialien zu erforschen und als ein tägliches Ritual greifbare Formen zu schaffen. Indem sie sich auf Versuch und Irrtum einlässt, hält sie den dynamischen Fortschritt in ihrer Praxis aufrecht. Gleichsam sind ihre Installatione großformatig und imposant und zeigen die Schönheit der Natur und der menschlichen Interaktion mit der Umwelt.
Die Installationen von Männa laden dazu ein, Ruinen zu entdecken: Reste von antiker Säulen und Reliefs. Ihre Werke scheinen einer archäologischen Stätte zu entstammen, wo man sie aus verschiedenen Perspektiven erkunden kann.
Für sie funktioniert Humor als ein wesentlicher Bewältigungsmechanismus, der es ermöglich, gesellschaftlich unerwünschte Impulse umzulenken. Ihre Kunstwerke verweben persönliche Geschichten mit größeren politischen Geschichten.
Acht Wochen lang (19.01.- 10.03.2024) läuft das Festival unter dem Motto „Art Moves, Art Connects“ (Kunst bewegt, Kunst verbindet), bei dem es um die Entdeckung von Skulpturen aus verschiedenen Kunstrichtungen geht, von monumentalen bis hin zu kleineren Werken. Ziel dieser Begegnung ist es, das Publikum zu ermutigen, sich mit dem Genre der Skulptur zu beschäftigen und sich bewusst damit auseinanderzusetzen, woran man in der Stadt eher vorbeigeht. So wird es in Brüssel selbst mehrere Skulpturen zu entdecken geben, unter anderem im Pixel Museum, im MigrationMuseumMigration in Molenbeek und im Hotel The Dominican.
Unter dem Label des belgischen Vorsitzes des Rates der Europäischen Union im ersten Halbjahr 2024 wurde Sculptura als offizielle kulturelle Aktivität anerkannt. Darüber hinaus wird das Festival eine zusätzliche Komponente haben, die die Kunstsammlung des Europäischen Parlaments hervorhebt.
Der Katalog zur Ausstellung steht hier zum Download bereit.
Let’s talk about LOVE
Ein Gespräch mit dem Künstlerpaar Katrin Bongard und Uwe Carow in der Kunstgießerei Altglienicke
Katrin Bongard und Uwe Carow bezeichnen sich als „working couple“ Katrin versteht sich als Malerin, auch wenn die meisten Ihrer Arbeiten Wandobjekte sind. Uwe ist Bildhauer und Poet. Seit sie sich in der Hausbesetzer-Szene Berlins der 80er Jahre kennen lernten, leben sie einem fortwährenden Dialog, der sich über ihre Beziehung, Familie, ihr gesamtes – künstlerisches -Schaffen, ihr Sein erstreckt.
Die Ausstellung LOVE YOU – RELATIONS ist das Ergebnis ihrer EXPLORATION #1 – einem Format, das Bongard und Carow in 2022 entwickelten und als Exhibition in Progress bezeichnen. Zwei Künstler erforschen sich gegenseitig, kombinieren ihre Arbeiten, finden neue Wege der Ausstellung, kommunizieren durch Kunst.
Artist Talk – Sonntag 12. November 2023 – 15 Uhr
Kunstgiesserei Altglienicke
Wegedornstraße 46 | 12524 Berlin | Deutschland
Fon: +49(0)30 44 55 181 | Fax: +49(0)30 44 73 23 11
Internet: www.kunstgiesserei-altglienicke.de
Is it no more beautiful than that?
Und doch: Schöner ist es nicht? Neueröffnung von CAMP SPACE Berlin
7. September bis 2. Oktober 2023
Mit „Is It No More Beautiful Than That?“ / „Und doch: Schöner ist es nicht? Das ist das Ganze?“ eröffnet Kuratorin und Galeristin Tayla Camp (geb. 1991, USA) einen neuen temporären Kunstraum in Berlin Mitte. Das Projekt Camp Space etabliert sich als Pop-Up Galerie, die insbesondere Frauen und artists of color eine Plattform bietet.
Mit der Eröffnungsausstellung werden zwei junge Künstlerinnen auf ihrer komplexen Suche von Enttäuschung und Unzufriedenheit hin zu emotionaler Erfüllung begleitet. Mit neuen stilistisch unterschiedlichen aber thematisch aufeinander bezogenen Werken dokumentieren die Künstlerinnen Roxanne Krumm (geb. 1988, USA) und Skai (geb. 1992, Litauen) ihr entschlossenes, fast zermürbendes, Bemühen um Wahrheit und Lebendigkeit sowohl in sich selbst als auch in der sie umgebenden Realität.
Camp Space will aufstrebenden Künstler:innen, insbesondere Frauen und artists of color würdigen, deren Werke Geschichten erzählen und zur Sinngebung anregen. Durch sorgfältig kuratierte Präsentationen, die sich mit sozialen, kulturellen und politischen Themen auseinandersetzen, gewährt Camp Space eine Plattform für intersektionale Repräsentation. Camp Space bietet Kunstwerke zu Preisen, die auch kleineren Budgets gerecht werden, von hochwertigen Kunstdrucken bis hin zu Originalgemälden in unterschiedlichen Formaten.
Galerie Neueröffnung in Berlin
Camp Space präsentiert: „Und doch: Schöner ist es nicht?“
Werke von Roxanne Krumm und Skai, kuratiert von Tayla Camp
07.09. – 02.10.2023
Brunnenstraße 22, 10119 Berlin
Presse Preview: 4. September, 18 bis 22 Uhr
Vernissage: 6. September, 18 bis 23 Uhr
Press Contact: ARTEFAKT Kulturkonzepte