Die Ausstellung BAR DELUXE des Konzeptkünstlers MK KAEHNE nimmt Bezug auf die Fluxus-Sammlung des Museo Vostell Malpartida – Donation Gino di Maggio und zeigt eine Auswahl von Skulpturen, Objekten und Fotografien aus seinem erweiterten WerkzyklusBar.
Vor dem Hintergrund des russischen Konstruktivismus und des Moskauer Konzeptualismus hinterfragt KAEHNE die zeitgenössische Idee von Kunst. Während Duchamp das Urinal zum Readymade erklärte und damit seine Funktion leugnete, betonten Fluxisten wie George Brecht in Werken wie Sink, das in der Sammlung des Museums gezeigt wird, die Absurdität des Alltäglichen.
KAEHNE seinerseits bedient sich der Grammatik des Surrealismus, des Dadaismus und des Fluxus und verwandelt die hyperästhetische Funktionalität seiner Objekte und Skulpturen in Kunst.
Neben der Arbeit Bar Deluxe (2004) sind zentrale Werke wie Die Vorliebe der Bourgeoisie für den Surrealismus… (2011) bis hin zu brandneuen Arbeiten wie Partygirls und Stecker, beide aus diesem Jahr in der Ausstellung zu sehen.
MK Kaehne: Partygirls, 2024. Fotoprint, Passepartout, gerahmt, Ed. 5, 45 x 58,5 cm.
Vernissage unter Anwesenheit des Künstlers
29 November 2024 – 7.30 pm
Museo Vostell Malpartida Carretetera de Los Barruecos s/n 10910 Malpartida de Cáceres Extremadura/Spain
Zwei Künstler, ein Thema – als Wolf Vostell (1932–1998) und Boris Lurie (1924–2008) sich Mitte der 1960er-Jahre kennenlernten, verband sie bald mehr als eine tiefempfundene Freundschaft. Beide bezogen mit ihrer Kunst politisch Stellung, beide beschäftigten sich mit der Aufarbeitung der Schrecken des Holocaust, beide traten Krieg und Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit aller Kraft entgegen.
Ihre rauen Arbeiten widersetzten sich einer einfachen Konsumierbarkeit, die ihnen als ein Gräuel des Kunstbetriebs erschien. Heute wirken die Werke der beiden Künstler aktueller denn je, setzen sie doch auf eine Art Schocktherapie, mit der sie das Publikum auf die Kontinuität von Gewalt und Menschenverachtung aufmerksam machen.
Wolf Vostell und das Atelier in Berlin-Dahlem
Wolf Vostell gehört zu den bedeutendsten deutschen Künstler:innen des 20. Jahrhunderts und ist insbesondere als Mitbegründer der Fluxus-Bewegung bekannt.
Anlässlich seines 90. Geburtstages widmet das Kunsthaus Dahlem ihm und seinemKünstlerkollegen Boris Lurie eine Ausstellung, die sich auf die künstlerische Aufarbeitung des Holocausts und der jüngeren deutschen Vergangenheit fokussiert.
Mit dem Ausstellungsort verbindet Wolf Vostell eine besondere Geschichte: Anfang der 1970er-Jahre zog der politisch engagierte Künstler aus dem Rheinland nach Berlin. Ihm erschien der Umzug in den »tragischen Luftkurort«, wie er die Stadt nannte, zwingend notwendig: »Weil [der Ort] ja unsere Geschichte beinhaltet und diese Geschichte verarbeite ich in meinen Bildern und in meinen Objekten.«
Die Stadt Berlin übertrug Vostell 1984 ein Atelier in Dahlem auf Lebenszeit. Die neue Wirkungsstätte befand sich in einem repräsentativen Ateliergebäude, das die Nationalsozialisten von 1938 bis 1942 für den Bildhauer Arno Breker erbaut hatten. Breker hatte in der NS-Zeit nicht nur zahlreiche Privilegien genossen, sondern mit seinen Werken aktiv die Ideologie und Ästhetik des NS-Regimes umgesetzt, insbesondere mit seinem Figurenschmuck für die zukünftige Reichshauptstadt Germania.
Aufarbeitung der Shoah
An diesem historischen Ort führte Wolf Vostell seine Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts fort, die er Ende der 1950er-Jahre begonnen hatte. Die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Diktatur und des Holocaust beschäftigte Vostell in allen Schaffensphasen – in einer Dichte und Vielfalt der künstlerischen Mittel wie kaum einen anderen Künstler seiner Zeit.
In der Ausstellung stehen dafür exemplarisch zwei Arbeiten, die wie eine Klammer sein Werk umschließen. So stehen sich Auschwitz-Scheinwerfer 568 von 1958/59 und dasüber sieben Meter lange Triptychon Shoah 1492–1945 von 1997 gegenüber. Im Zentrumdes großformatigen Bildes stürzt ein gemalter Betonpfeiler auf sich überlagernde,abstrakte Formen, die an manchen Stellen als Körperteile erkennbar sind. Vostell, derauch im spanischen Malpartida de Cáceres lebte, widmete das Werk den 1492 ausSpanien vertriebenen Juden ebenso wie den durch das NS-Regime Ermordeten. Seit 1992 hatte der Künstler mit der Motivfindung begonnen und das Werk schließlich 1997, einJahr vor seinem Tod, vollendet.
Im gleichen Jahr äußerte er sich zur Verbindung derbeiden Werke: »Das ist dasselbe in Grün. Das Erste waren Objekte, kein Menschenbild,aber Zerstörungsreste von Menschen und über Menschen. Und der Raum hat alsodeshalb diese Widmung an Auschwitz und an Treblinka. Dieses Mal hat mich eine Figuration interessiert, die nicht illustrativ ist, sondern die Zerstörung im phänomenologischen Sinne zeigt, natürlich gebunden an das Thema. Es ist die Brückevon ’58 bis ’97, zwei Brückenpfeiler, über die eine Brücke geht, über die ich wahrscheinlich noch länger gehen werde.«
Boris Lurie und Wolf Vostell – mehr als eine Künstlerfreundschaft
Im Dialog mit Wolf Vostell stehen in der Ausstellung ausgewählte Arbeiten von Boris Lurie. Beide verband seit den 1960er-Jahren eine enge Freundschaft. Lurie wuchs in Riga auf und erlebte als Jude die Schrecken der Shoah am eigenen Leib. Vostell wollte diese traumatischen Erfahrungen als Deutscher nachempfinden. Es entstand ein intensiver Austausch zwischen den beiden Künstlern.
Während der weibliche Teil der Familie dem Massenmord der Nationalsozialisten zum Opfer fiel, überlebten Boris Lurie und sein Vater Ilja. Ab 1941 wurden die beiden in verschiedene Konzentrationslager verschleppt und am 18. April 1945 aus der Munitionsfabrik Polte in Magdeburg, einem Außenlager des KonzentrationslagersBuchenwald, befreit. 1946 wanderten sie nach New York aus, wo Boris Lurie 1959 die NO!art-Bewegung ins Leben rief.
Boris Lurie: A Jew Is Dead, 1964. Farbe und Papiercollage auf Leinwand, 170 x 295 x 5 cm
Luries Kunst zielte nicht auf Mitleid für die Opfer der Shoah, »sondern auf Erschrecken«. In seinen Werken brachte er immer wieder die nackten Leichenberge des Holocaust mit aufreizenden Pin-ups als Produkte des seiner Meinung nach gleichen inhumanen Systems zusammen. Sein erklärtes Anliegen bestand darin, das Publikum aus seiner selbstzufriedenen Passivität zu reißen und ihm das Fortleben verbrecherischer Systeme vor Augen zu führen. Nicht nur thematisch, sondern auch formal verfolgten die beiden Künstler-Freunde ähnliche Ziele und Strategien. Die zahlreichen inhaltlichen und stilistischen Parallelen zeichnet die Ausstellung im Kunsthaus Dahlem erstmals detailliert nach.
HTW-Studenten helfen beim Aufstellen der Skulptur vor der Rathenau-Villa in Berlin-Oberschöneweide
Zum Auftakt der im Herbst dieses Jahres stattfindenden 9. Internationale Konferenz für zeitgenössische Gusseisenkunst (ICCCIA – International Conference on Contemporary Cast Iron Art) wurde die Skulptur „Gesprengte Ketten“ von Stahlbildhauer Georg-Friedrich Wolf vor der Rathenau-Villa im Oberschöneweide aufgestellt.
Georg-Friedrich Wolf: Gesprengte Ketten, 2002. Eisenskulptur aus geschmiedeten Stabketten, H 4,7 m
Susanne Roewer, die zusammen mit Prof. Susanne Kähler von der Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW), die Fachtagung für die Erforschung und Praxis der zeitgenössischen Gusseisenskulptur ausrichtet und ebenfalls Bildhauerin ist, erklärt gemeinsam mit Hausherr Constantin Rehlinger, Chef der Elektro-Innung Berlin, dass über den Sommer weitere Skulpturen am neu anzulegenden Hochschulcampus aufgestellt werden, und so praktisch die ehemalige Verbindung der Rathenau-Villa zur Novilla (Hasselwerder Villa) am anderen Spreeufer nachbilden.
Constantin Rehlinger (GF Elektro-Innung Berlin) und Stahlbildhauer Georg-Friedrich Wolf
In der retrospektiven Ausstellung „Die Sterne von Geisa“ stellt die in Berlin lebende Künstlerin DIKLA STERN neben gesellschaftskritischer Malerei und Collagen der letzten zehn Jahre auch eine für die Ausstellung in der ANNELIESE DESCHAUER Galerie produzierte Sonderanfertigung vor.
Die Auseinandersetzung mit Gesellschaft im Spannungsfeld von Macht und Unterdrückung, Recht und Freiheit, ist teils diskret, aber auch ganz direkt beständiges Thema in den Werken von DIKLA STERN.
„In meiner Malerei hebe ich kritische Zustände durch Übertreibung hervor und projiziere meine Wahrnehmung unserer alltäglichen Realität anhand von Sujet und Titel überspitzt auf Personen oder Objekte. Meine Arbeiten definiere ich als „Political Satirical Pop Art“.
[Dikla Stern]
Anlässlich des Jubiläums 1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland (JLID 2021)gewährt die Enkelin des gebürtigen Geisaners Albert Stern (*30.07.1916 in Geisa †27.08.1985 in Tel Aviv) darüber hinaus Einblicke in die Familiengeschichte: Fotos und Korrespondenzen ihrer Ur-Ur-Großeltern in Geisa, Dokumente und Filmmaterial des Großvaters von der Flucht nach Israel, geben Zeugnis von der Jüdischen Kultur in Geisa.
Political satrical pop art
Es ist der Hintergrund vor dem DIKLA STERN – nach verschiedenen Stationen in Deutschland, Israel und den USA – ihre Arbeit als freie Künstlerin entwickelt. Ihre Werke beschreiben gesellschaftliche Phänomene, die als „gestört“ wahrgenommen werden. Zeitgenössische Themen und Ereignisse werden künstlerisch reflektiert und nach dem kollektiven Einfluss von Medien, Politik und Geschichte auf das einzelne Individuum befragt.
Die Künstlerin bedient sich der sowohl figurativen wie realistischen Sprache der Pop Art. Formale Strukturen treffen auf das figurative Bild. Signifikante Bildsymbole werden eingegliedert in maltechnische Strukturen von Form, Farbe, Linie und Komposition. Dabei ist STERNs Auswahl der Motive geprägt von der Philosophie der kritischen Theorie.
Neben Sicherheitsprodukten wie – in den USA frei zugänglichen – Waffen (Brother & Sister, 2017), oder medizinischem Gerät (Arsenal, 2015) setzt sich die Künstlerin aktuell vermehrt mit informations- und genderpolitischen Themen auseinander (Hashtagjesus, 2019; Trophy, 2020). Ihre großformatigen Acryl-Gemälde zu gesellschaftspolitisch relevanten Themen werden begleitet von Papier-Collagen, in denen tagespolitische Ereignisse karikiert werden (Bella Ciao, 2020).
Veranstalter: Stadt Geisa und Förderverein Kunst, Kultur und Wissenschaft Geisa e.V.; Gefördert durch: Stadt Geisa, WERNER DESCHAUER Stiftung, Kulturstiftung Freistaat Thüringen DENK BUNT IM WARTBURGKREIS, Wartburg Sparkasse Mit freundlicher Unterstützung von: Anemone Vostell – BAM! Berlin Art Management Julia Walter – Kunsthistorikerin und Übersetzungen, Karlsruhe
Georg Nothelfer auf der art Karlsruhe 2013. Foto: Von Harald Krichel – Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25560747
Ich werde ihn vermissen, diesen Kunstbesessenen, Urgestein der Berliner Galerien-Szene, behäbiger Vertreter seiner Zunft auf den Messen der Kunstwelt! Galerist aus voller Überzeugung, im Glauben an das Verbindende wie gleichsam Verbindliche der Kunst. Er unterstützte seine Künstler und baute sie auf. Gestand aber ebenso ein, dass es Zeiten gab, in denen nicht er die Künstler versorgte, sondern sie ihren Galeristen „durchzogen“.
2021 hätte Georg das 50jährige Jubliläum seiner Galerie begehen können. Zusammen mit seinem langjährigen Team Irene Schumacher und Vera Ehe. Seine Frau Katharina war 2017 verstorben. Und noch letztes Jahr repräsentierte der 81jährige seine Künstler persönlich auf der Art Basel. Unermüdlich im Einsatz für die Bildende Kunst. Und immer noch streitbar in der Diskussion um Kulturpoltik und Kunstmarkt. Mit Argumenten aus seinem reichen Erfahrungsschatz und vielfältigen Aktionen für die Kunst.
Allen voran seine Pop-Up-Galerie – wie man heute sagen würde – zur documenta 6 (1977) mit Werken des Informel , die gleichzeitig als Künstler-SleepIn diente. Eigentlich mit drei Galeristenkollegen geplant, sollte ein leerstehendes Bürogebäude am Kasseler Hauptbahnhof zu einer Ausstellungsfläche umgestaltet werden. Doch die drei Mitstreiter sprangen im letzten Moment ab. Quasi über Nacht wurde das Büro umgebaut und hergerichtet, so dass noch während der Eröffnung die Wände weiß getüncht wurden. Nothelfer konnte so nicht nur dem kunstinteressierten Kasseler Publikum die Stars des Informel präsentieren, er wurde auch zum Helfer in der Not. Angereisten, die keine bezahlbare Unterkunft mehr fanden, bot er in den freigebliebenen Räumen des Büros eine günstige Schlafgelegenheit.
Eduard Chillida: Berlin, 1999-2000. Corten-Stahl, H 5,5 x B 4,25 x T 4,45 m Foto: Andreas Thum / CC BY-SA
2001/2002 sorgt er dafür, dass die unsensibel vor dem neuen Kanzleramt aufgestellte viele Tonnen schwere Stahlskulptur „Berlin“ von Eduardo Chillida angemessen umgesetzt wird – und mittlerweile als Wahrzeichen für die politischen Berichterstattung aus der Hauptstadt gilt . Zwei scheinbar schwebende geschwungene Stahlelemente greifen hier ineinander. Wie Hände oder Finger berühren sie sich aber nicht. Trotz der großen Nähe besteht hier auch die Distanz. Jeder steht für sich alleine, sucht aber den Kontakt zum Anderen. Ein starkes Symbol der Wiedervereinigung – von Kunst und Politik.
Seine Überzeugung und Leidenschaft drückt der Publizist Georg Nothelfer in der mit seinem Freund Manfred de La Motte 1991 verfassten Anthologie über die abstrakte Kunst „L’art moral – Die Würde und der Mut“ aus. Das Buch stellt über neunzig internationale Künstler aus dem abstrakt-expressionistischen Bereich vor und verweist damit – heute wie damals (1991 als Reaktion auf die Ausstellung „Deutsche Kunst im 20. Jahrhundert“ in der Stuttgarter Staatsgalerie verfasst, bei dessen großangelegtem Rückblick auf die deutsche Kunst, die Stilrichtungen Tachismus und Informel vollständig übergangen worden waren) – auf die eminente Bedeutung dieser Kunstrichtung hin.
Bei einem meiner letzten Besuche in der Galerie gab Georg es mir noch einmal an die Hand – als Studium der neueren deutschen Kunstgeschichte. Und als Erzählung seiner Lebensgeschichte- wie mir scheint: Mit Würde und Mut!
„Die Würde und der Mut – l’art moral“ Hrsg. Manfred de la Motte, 1991, Texte von Manfred de la Motte, Henri michaux, Julien Avard, Pierre Restany, René Déroudille, Michel Tapié, Otto van de Loo
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