BAM! Blog

Forgotten Frames

Zeugnisse der Verbindung von Mensch und Natur  

the laughter. Dhurwa young girl. Village Tiria, 2008. 78.74 x 55.88 cm. S/W Hahnemühle Papier. ©Manoj Kumar Jain/courtesy UTMT
the laughter. Dhurwa young girl. Village Tiria, 2008. 78.74 x 55.88 cm. S/W Hahnemühle Papier.
©Manoj Kumar Jain/courtesy UTMT

Postkoloniale SchwarzWeiß-Fotografien von Manoj Kumar Jain

Mit ‚the forgotten frames‘ zeigt die Galerie ‚Under the Mango Tree‘ vom 28. Mai bis zum 24. Juli 2021 das authentische Portrait einer Gesellschaft, die gleichsam kostbar wie zerbrechlich ist. Der Photograph Manoj Kumar Jain (*1970) verbrachte zwischen 2002 und 2008 ungefähr 150 Tage mit den Dorfbewohnern Bastars in dieser abgeschiedenen Region Zentral-Indiens. Die Adivasi führen dort, tief in den Wäldern, noch immer ein ziemlich unberührtes und traditionsreiches Leben. „Die Fotografien von Manoj sind Zeugnis wirklich wichtiger Dinge: eines Lebensstils, der Natur und Mensch mit der Welt verbindet; einer Welt, die immer mehr zerstört wird…“, sagt Galeristin Mini Kapur, deren diskursiver Ansatz vor allem dem Verständnis des Anderen durch das Erleben von Kunst gilt. 

„Früher, sagen die Leute, konnten sie ihren Göttern in die Augen schauen und sprechen. In diesen Tagen sind die Götter merkwürdig abwesend, und nur der rohe Mut in ihren Augen bleibt, wie jedes der Gesichter in diesem Buch bezeugt.“, schreibt die Anthropologin Nandini Sundar in dem Photoband zur Ausstellung. „Aber wenn ich meine Augen öffne, sehe ich die verwüsteten Wälder und die Eindringlinge, die auf die Adivasi-Kultur herabblicken und sie ‚zivilisieren‘ und ‚etablieren‘ wollen. In der oft als ‚letzte Stammesgrenze‘ Indiens bezeichneten Landschaft, werden die Wälder gerodet und die Gesellschaft verändert. Diese Fotos erfassen eine Welt in Transformation, sowohl in scheinbar zeitloser Schönheit als auch in einer Schönheit, die nur noch sehr wenig Zeit hat“.     

Schwarzweiß-Fotografie mit formalistischem Ansatz

Manoj Kumar Jain, der an der Delhi College of Arts Fotografie studierte, verfolgt einen stark formalistischen Ansatz. Seine Augen scheinen das Bild in Formen und Linien zu zerlegen, und manchmal verwandeln sich seine kompositorischen Ideen sogar in Zeichnungen. Auch wenn Photographen wie Sebastião Salgado hohe Maßstäbe für die Schwarzweißfotografie in Bezug auf die malerischen und skulpturalen Qualitäten setzten, Manoj gelingt es mit seiner Wahl der analogen Schwarzweiß-Fotografie die Authentizität der Kultur und der Menschen, formal wie inhaltlich abzubilden.

the circle of simplicity. Plate outside a house. Village Devgaon, 2008. 40 x 55 cms (approx.) S/W Hahnemühle Papier.  ©Manoj Kumar Jain/courtesy UTMT
the circle of simplicity. Plate outside a house. Village Devgaon, 2008. 40 x 55 cms (approx.)
S/W Hahnemühle Papier. ©Manoj Kumar Jain/courtesy UTMT

„Manoj Kumar Jain hat die Adivasi-Kultur von Bastar eingefangen, bevor sie zu verblassen begann, getragen von Landrechtskonflikten, Eisenerz- und Kohlebergbau, dem Einfluss des Tourismus oder der Arbeitsmigration“, schreibt Dr. Uta Ruhkamp vom Kunstmuseum Wolfsburg im Katalog. „Inzwischen könnten seine Bilder bereits zu Geschichten der Wahrheit geworden sein.“

Zur Ausstellung erscheint ein Photoband mit Texten von Dr. Uta Ruhkamp, Kuratorin Kunstmuseum Wolfsburg, Deutschland, und Nandini Sundar, Professorin für Soziologie, Delhi School of Economics, Indien.

‚Celebrating the Seed‘ zum 10jährigen Jubiläum der Galerie

Anlässlich ihres 10jährigen Jubiläums greift die Galeristin Mini Kapur – gebürtige Inderin – das noch heute zelebrierte Marka Pandum, das Mango-Ess-Festival auf, bei dem den Vorfahren die Früchte des Mango-Baumes dargebracht werden. Der Brauch will es, dass niemand Mangos isst, oder gar der Erde Lebensmittel oder Wasser entnimmt, bevor die Ahnen nicht gespeist haben. In diesem Sinne lädt die Galerie, zum Mango-Fest CELEBRATING THE SEED ein, sobald es die Corona-Maßnahmen wieder zulassen. 

Das vielfältige Rahmenprogramm zur Jubiläums-Ausstellung, mit Lesungen, Konzerten und Galerie-Dinnern, finden Sie unter den Pandemie-Bedingungen jeweils aktuell auf der Homepage der Galerie sowie auf Instagram und Facebook.

fair share! Aktion für mehr Sichtbarkeit von KünstlerInnen am 8. März

Visualisierung der Aktion durch Verena Kyselka

Künstlerinnen besetzen zum internationalen Frauentag die Piazzetta vor der Gemäldegalerie

Zwischen 14-15 Uhr findet dort eine performative Aktion statt, in der Bildende Künstlerinnen im Verbund mit Kulturschaffenden anderer Sparten symbolisch für mehr Sichtbarkeit von Frauen im Kunstbetrieb eintreten.

Die Akteurinnen – Vertreterinnen der Berliner Künstlerinnenverbände und –initiativen: Verein der Berliner Künstlerinnen 1867, Frauenmuseum Berlin, GEDOK Berlin, kunst+kind berlin, INSELGALERIE Berlin, SALOON BERLIN – beziehen auf der schräg abfallenden Piazzetta vor der Gemäldegalerie am Kulturforum Berlin Stellung.

Mit Blick auf den Bauplatz für das geplante Museum der Moderne sowie rechterhand die Neue Nationalgalerie, die nach einer langen Umbauphase kurz vor ihrer Wiedereröffnung steht, formieren sich mehrere Dutzend Künstlerinnen auf der schiefen Ebene zu einer Performance (Konzeption: Verena Kyselka; Umsetzung: Hilla Steinert).

Dabei beschriften sie u.a. die Granitplatten mit Künstlerinnenamen aus allen Jahrhunderten bis heute und nehmen so Bezug auf den Standort – im Rücken die historische Kunst, repräsentiert durch Angelika Kauffmann und Anna Dorothea Therbusch in der Gemäldegalerie und im Blick jene (noch zu platzierende) der klassischen Moderne und des 20. Jahrhunderts.

Gleichzeitig werden ca. 500 Künstlerinnennamen aus allen Epochen verlesen. So wird in Bild und Ton der Eindruck von Fülle und Sichtbarkeit jener Künstlerinnen offenbar, die jenseits von Münter, Laserstein, Goncarova, Kollwitz und Höch Kunstgeschichte mitgeprägt haben und mitprägen.

Flankiert wird die Performance von Bannern, die mit Zahlen und Grafiken die derzeitigen Missstände in den Fokus nehmen.

fair share! Sichtbarkeit für Künstlerinnen

Der Diskurs um Geschlechtergerechtigkeit im Kunstbetrieb kommt – gut 150 Jahre nach der Gründung des ersten Künstlerinnenverbands in Deutschland, 100 Jahre nach der Öffnung der deutschen Kunstakademien für Frauen und 50 Jahre nach der ersten Aktion der Guerrilla Girls – nur langsam in der Öffentlichkeit an. Professorinnen an Kunsthochschulen, Museumsdirektorinnen und Sammlungsleiterinnen sind keine Seltenheit mehr, Gremien und Jurys werden weitgehend paritätisch besetzt und Förderungen aus öffentlichen Mitteln in den letzten Jahren meist ebenso vergeben. Nationale Institutionen wie der Berliner Martin-Gropius-Bau oder internationale Museen wie das MoMA oder die Tate Gruppe gehen inzwischen geschlechtergerechte Wege. Damit ist ein Anfang gemacht.

Und doch: Geschlechtergerechtigkeit im Kunstbetrieb ist immer noch eine Wunschvorstellung. Jüngste Studien wie jene des Deutschen Kulturrats (2016/2020), sowie Statistiken des bbk berlin auf Grundlage der Zahlen der Künstlersozialkasse zeigen, dass der Gender Gap weiterhin evident ist und im Kunstbetrieb sogar höher liegt als in anderen Branchen (31 %; 2020; Tendenz steigend). Nicht nur in den Künstler*innenverbänden sind die Zahlen bekannt; auch die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, Dr. Monika Grütters, behauptet, sich der Ungleichheit bewusst zu sein, doch lassen wirkungsvolle Maßnahmen ihres Ressorts auf sich warten.

Knapp 60 % der Absolvent*innen von Kunsthochschulen sind heute weiblich. Einzelausstellungen von zeitgenössischen Künstlerinnen* machen in den Programmen fast aller großen Häuser des Landes jedoch nicht einmal ein Drittel aus. Weit vorne liegt das NRW Forum Düsseldorf mit 31 % Einzelausstellungen von Künstlerinnen in den letzten 20 Jahren; in allen anderen Museen für zeitgenössische Kunst ist der Anteil viel geringer [1].

Ähnlich ist es auch um die Präsenz zeitgenössischer Künstlerinnen im musealen Schaubestand bestellt. Im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart Berlin waren 2020 lediglich Werke von drei Künstlerinnen zu sehen.

In der Kunst des 20. Jahrhunderts und vor allem vor 1900 liegt die Anzahl der von Künstlerinnen geschaffenen Werke in den Schausammlungen nicht selten unter 1 % – obwohl Ausstellungen wie die letztjährige Schau Kampf um Sichtbarkeit – Künstlerinnen der Nationalgalerie vor 1919 an der Alten Nationalgalerie in Berlin belegen, dass die Museen durchaus Werke von Künstlerinnen besitzen – aber verborgen in den Depots.

Der Umgang mit weiblichen Kunstschaffenden damals und vor allem heute lässt sich also erheblich verbessern. Solange im öffentlich geförderten, institutionellen Kunstbetrieb in Gruppen- und Einzelausstellungen zeitgenössische Künstlerinnen weiterhin unterrepräsentiert sind, solange der Ankaufsetat vor allem großer, sichtbarer und international wahrgenommener Häuser im Wesentlichen für Kunst von Männern ausgeben wird und Presse und Publikationen Künstler favorisieren, zieht auch der kommerzielle Kunstmarkt nicht nach. Hinzu kommen Förderungen der öffentlichen Hand oder Residenzen, die wesentlich zur Wertschöpfung eines Oeuvres beitragen und oftmals elitebetont an diejenigen vergeben werden, die sich durch Flexibilität und bruchlose Viten auszeichnen können. Künstlerinnen mit Care-Aufgaben bleiben hier auf der Strecke.

Wenig hilfreich auf dem Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit im Kunstbetrieb sind überdies die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Implikationen, sowie die kulturell bedingten, frauenfeindlichen Vorurteile, die seit Jahrhunderten gepflegt werden. Despektierliche Kommentare wie von Georg Baselitz sind ebenso kontraproduktiv wie die aktuell coronabedingte Retraditionalisierung der Geschlechterrollen und -aufgaben oder die deutsche Steuerpolitik.


[1] Quelle: Horst/Gantner in: https://www.ardmediathek.de/ard/video/strg_f/warum-sind-kunstwerke-von-frauen-weniger-wert/funk/Y3JpZDovL2Z1bmsubmV0LzExMzg0L3ZpZGVvLzE2OTUwODU/, Juni 2020

Wintergruß 20/21

Am 20. Januar 2020 habe ich mich mit BAM! Berlin Art Mangement  – Kunstprojekte & Beratung selbstständig gemacht. Doch bald schon sollte uns die Pandemie überrollen und der erste Lockdown setzte ein. Kunstprojekte wurden beinahe unmöglich und Künstler*innen, Kurator*innen aber auch Galerist*innen und Sammler*innen kamen in Bedrängnis.

Und dennoch konnte ich einige schöne Projekte des Stahlbildhauers Georg Friedrich Wolf,  des Künstler Kollektivs Migrantas , sowie die Entwicklung eines größeren Land-Art-Projektes der Künstler*in  #K49814 zu einem Filmprojekt begleiten und unterstützen.

Gemeinsam mit dem Kurator Jan Kage und der Künstlerin Jovana Popic haben wir unter der Mentorenschaft von Volker Hassemer bei der Stiftung Zukunft Berlin die Initiative STADTMASCHINE KUNST etabliert und gemeinsam mit dem MDC einen ersten Sondierungstalk zur Einrichtung eines Instruments für den Dialog  von Wissenschaft und Gesellschaft mit den Mitteln der Kunst im Rahmen der Berlin Science Week durchgeführt.

Nebenbei habe ich an zahlreichen Webinaren zu Themen der Digitalisierung in der Kunst teilgenommen und meine Überlegungen zur Demokratisierung des Kunstbetriebs weiter verfolgt. Mit der Agentur YesWeCan.Do mein Logo entwickelt und Vorbereitungen für ein Webdesign getroffen.

Es ist noch nicht perfekt, aber  – getreu meines Mottos nach Hilde Domin „Ich setzte den Fuß in die Luft, und sie trug.“ –  auf dem besten Weg.

Ich bedanke mich bei meinen Klient*innen, Unterstützer*innen und Kolleg*innen für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und wünsche Ihnen

Besinnliche Feiertage und vor allem:
Bleiben Sie gesund & munter!

Ihre
Anemone Vostell

STADTMASCHINE KUNST @ MDC met BERLIN SCIENCE WEEK 2020

Im Rahmen der heute zu Ende gehenden BERLIN SCIENCE WEEK 2020 nahmen sich die Initiative STADTMASCHINE KUNST (SMK) bei der Stiftung Zukunft Berlin und das Max Delbrück Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) des Dialogs von Kunst und Wissenschaft an, um über mögliche Kooperationen zu Gunsten einer zukünftigen (Stadt-) Gesellschaft nachzudenken.

In dem von dem Kurator und Journalisten Jan Kage moderierten Fishbowl-Talk kristallisierte sich heraus, dass der Dialog zwischen Kunst und Wissenschaft nach einem Raum ohne Absicht ruft, in dem Kunst und Wissenschaft frei experimentieren, Innovationen entstehen können.

In dem knapp zweistündigen Video-Meeting mit der Medienkünstlerin, Performerin und Autorin Veronika Dräxler, dem pädiatrischer Onkologen, Krebsbiologen und Konzeptkünstler Anton Henssen,  dem Künstler und Komponist Thom Kubli sowie dem Systembiologen und Musiker Uwe Ohler, der Künstlerin und angehenden Anthropologin Jovana Popic und  dem angehenden Neurobiologen und Gründer von EDGE: Blurring the Borders between Art and Neuroscience Ian Stewart wurde deutlich, dass Forschung ebenso kreativ wie Kunst ist; nur dass sie mehr Zwängen unterliegt und stark Ergebnis fokussiert arbeitet.

Bildschirmansicht Online Fishbowl-Talk SMK. Foto: Olivia Zwach

Um aus diesen Zwängen ausbrechen zu können, und aus der Perspektive der Kunst das große Ganze, die gesellschaftliche Bedeutung der Forschung zu sehen, sind verstetigte Kooperationsmodelle von Kunst und Wissenschaft gefragt. Die komplexen wie kreativen Prozesse der Wissenschaft mit der Ästhetik der Kunst für die Gesellschaft sinnlich erfahrbar zu machen, müsse das Anliegen der künftigen STADTMASCHINE KUNST sein. Denn die sinnliche Wahrnehmung sei vom kognitiven Prozess nicht zu trennen, so der Konsens. Durch sie entsteht eine erweiterte Sicht von Welt für alle Beteiligten.

Kunst bedeute auch „Out of the box“ zu denken. Durch die künstlerische Sprache neue Verbindungen zu suchen, Problemstellungen neu zu definieren. Ebenso wie gewisse Themen, nicht lösbare Konflikte in der Gesellschaft anzusprechen, die noch kein Dialogfeld gefunden haben. Die Diskutant*innen sehen die eindeutige Notwendigkeit zur Schaffung einer Plattform auf der dieser Austausch stattfinden kann, digital oder als Salon.

Ein zukunftsweisender Talk über die Rolle von Kunst und Wissenschaft in der Gesellschaft. Fortsetzung folgt!

#stadtmaschinekunst #berlinscienceweek #fallingwalls #dialog #kunstundwissenschaft #kunstundgesellschaft #wiewollenwirleben #labor #interaktion

STADTMASCHINE KUNST

Abb.: Jean Tinguely – Grosse Méta-Maxi-Maxi-Utopia-Méta-Harmonie, 1987
Foto: Serge Hasenböhler für Museum Tinguely, Basel.

Ein Labor für die Interaktion von Kunst und Gesellschaft in Berlin

Die Ausgangssituation : ⁠

Berlin ist die Stadt der Künste, vor allem der Bildenden Kunst. An die 12.000 Künstler*innen leben und arbeiten in Berlin. Sie bilden einen nicht zu unterschätzenden Teil der Stadtgesellschaft und prägen den internationalen Ruf der Stadt als Kulturmetropole wesentlich mit. Mit ihrer Arbeit bieten sie ein hohes Potential für die Gestaltung von Zukunft. ⁠
Leider findet der Austausch zwischen den Akteuren der Bildenden Kunst und jenen aus den anderen Bereichen der Stadtgesellschaft (wie Wissenschaft, Gesundheit, Soziales, Bildung, Verkehr, Bauwesen, etc.) weitestgehend nicht öffentlich, sondern lediglich in kleineren Zirkeln statt. Diese sind nur einem bestimmten Teil der Stadtgesellschaft zugänglich. ⁠
Dabei bietet der kreative Ansatz von Künstler*innen in vielen Bereichen Lösungen für die Gestaltung einer zukunftsorientieren (-tauglichen) Stadt. Z. Bsp. in der Vermittlung komplexer Zusammenhänge aus dem Bereich Wissenschaft. ⁠

Das Problem : ⁠

Die herausfordernde Phase, in der sich unsere demokratische Gesellschaftsordnung befindet, erfordert von uns neue Konzepte, unter anderem auch für die Ethik, die Kommunikation und das Vorgehen wissenschaftlicher Forschung. Wissenschaftlich zu analysierende Phänomene und ihre komplexen Zusammenhänge können durch künstlerische Experimente ermittelt, aufgezeigt, überhöht und in die Zukunft weitergedacht werden. Somit wird ein Dialog eröffnet: Wie wollen wir leben? ⁠

Die Aktion:

Am 2. November um 17 Uhr gibt es auf Einladung des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) einen Online-Fischbowl-Talk im Rahmen der BERLIN SCIENCE WEEK zum Thema. ⁠

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STADTMASCHINE KUNST @ MDC trifft BERLIN SCIENCE WEEK 2020⁠ ⁠ In einem digitalen Fishbowl-Talk soll der Nucleus der STADTMASCHINE KUNST herauskristallisiert werden: Wie kann der Diskurs zwischen Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Nutzer*innen über Kunst und Forschung konkret gestaltet werden? ⁠ Im Labor STADTMASCHINE KUNST @MDC wird daran gearbeitet, die Wissenschaftskommunikation mit den Mitteln der Bildenden Kunst zu verbessern: die komplexen Forschungsinhalte sollen unter Einbeziehung der Gesellschaft visuell erfahrbar gemacht werden. ⁠ Wo liegen die Chancen, wo die Grenzen dieses Experiments? Wie soll die STADTMASCHINE KUNST konkret aussehen, damit Forschung, Kunst und Gesellschaft interagieren können. Diskutieren Sie mit! ⁠ In diesem Fishbowl – Diskussionsformat der Initiative STADTMASCHINE KUNST bei der Stiftung Zukunft Berlin können Sie sich mit Künstler*innen und Wissenschaftler*innen über die jeweiligen Arbeitsinhalte und -ansätze austauschen; sowie die Schnittstellen ausloten, die in einer konkreten, so unkonventionellen wie grenzüberschreitenden STADTMASCHINE KUNST münden.⁠ ⁠ Mon Nov 02, 2020 17.00 – 18.00 CET⁠ ⁠ Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, Initiative STADTMASCHINE KUNST bei der Stiftung Zukunft Berlin Veronika Christine Dräxler, Anton Henssen, Jan Kage, Thom Kubli, Uwe Ohler, Jovana Popic, Ian Erik Stewart ⁠ Ein Art-Science Diskurs zum Thema „Interaktion von Forschung, Kunst und Gesellschaft“.⁠ ⁠ https://falling-walls.com/event/stadtmaschine-kunst-mdc-meets-berlin-science-week-2020-2/⁠ ⁠ #stadtmaschinekunst #berlinscienceweek2020 #stiftungzukunftberlin #wiewollenwirleben #kunstundwissenschaft #stadtderzukunft #fallingwalls #2Nov2020 #berlinartmanagement⁠

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Mit den Künstler*innen Veronika Dräxler, Jovana Popic und Thom Kubli sowie den Wissenschaftler*innen Anton Henssen, Uwe Ohler und Ian Erik Stewart. Moderiert von Jan -Yaneq – Kage – Radio Arty.


STADTMASCHINE KUNST ist eine Initiative von Jan Kage, Jovana Popic und Anemone Vostell bei der Stiftung Zukunft Berlin. ⁠

Filmpremiere auf dem Friedensplatz

Porträt der Entstehung des Erzengel Michael 2020″ – Ein Film von Philip Flämig

Film still by Philip Flämig

Während das Land im Lockdown liegt entsteht im Atelier des Darmstädter Bildhauers Georg-Friedrich Wolf die imposante Stahlskulptur „Erzengel Michael 2020“: 7 m hoch, 3,5 Tonnen schwer, aus dem „Schrott“ der Bürger*innen gefertigt.

Auf Einladung des Instituts für Neue Technische Form (INTeF) stellt der Künstler am Freitag, den 9. Oktober 2020 um 19.00 Uhr den Kurzfilm „Portrait der Entstehung des Erzengel Michael 2020“ von Philip Flämig vor, und wird über die „heiße“ Kontroverse rund um die Großplastik berichten.

Als der Stahlbildhauer Anfang April den Aufruf startet, man möge als gemeinsame Aktion gegen die Ohnmacht „sein persönliches Alteisen“ zur Schaffung der Assemblage „Erzengel Michael 2020“ spenden, treffen hunderte von verschiedensten Gegenständen ein: Schippen, Kinderwagenräder bis hin zu einem historischen Mähwerk. Ein Brückenteil und Fassgauben gesellen sich dazu.

Der Künstler nennt es „unseren Schrott“. Zu 100% recyclefähige Überbleibsel unserer stark auf Eisen basierenden Industriekultur; Erinnerungs-geladene Aspekte unseres Alltags. Georg Friedrich Wolf setzt sie als Zeichen der menschlichen Hybris zu einem abstrakten Engel des 21. Jahrhunderts zusammen, dem „Erzengel Michael 2020“, der der Legende nach die justinianische Pest besiegte.

Aus dem Atelier wandert die fertige Skulptur im Juli zunächst auf die Stettbacher Höhe. Inmitten der malerischen Rheinebene entfaltet sie ihre Größe. Viele Spender*innen der Einzelteile, Kunstliebhaber*innen und Anwohner*innen pilgern zu der Skulptur unter freiem Himmel. Die gemeinsame Anstrengung – und gleichsam Hoffnung auf ein Ende der Ohnmacht in der Pandemie ist spürbar. Philip Flämig hat diesen Prozess mit der Kamera begleitet. Sein Kurzfilm zeigt sowohl die Energie des Künstlers als auch die Stärke des Stahls, aber vor allem die verbindende Kraft der Kunst.

Als die Skulptur Ende August auf dem neu gestalteten Friedensplatz aufgestellt wird, entflammt eine Diskussion, die kontroverser nicht sein könnte. In Gesprächen und Korrespondenzen erreichen Wolf begeisterte wie wütende Zurufe. Der Künstler geht persönlich auf die Kritik ein, spricht mit den Unterstützern wie Schmähern, ebenso wie mit den Passanten.

„Mein Hauptziel bei der Entwicklung und Realisierung der Skulptur war es, in der Situation des Lockdown Kommunikation zu erzeugen, Menschen zusammen zu bringen; wenn schon nicht körperlich an einem bestimmten Ort, dann doch durch eine gemeinsame Aussage, ein verbindendes Werk. Dieses Ziel wurde weit übertroffen: mehrere hundert Materialgaben, mehrere hundert E-Mails, eine ganze Menge Presseberichte und unzählige Leserbriefe, hunderte, wenn nicht tausende Fotografien“, sagt Wolf.

Dass die Wahrnehmung der Großplastik so vielfältig wie verschieden, und vor allem mit Energie-geladen ist, freut und beeindruckt den Künstler. Es scheint als träfe die Skulptur „Erzengel Michael 2020“ den Nerv der Zeit, und spiegelt den repräsentativen Querschnitt der Meinungsäußerungen wider.

Für Rückfragen und Bildmaterial wenden Sie sich bitte an:

WOLF WERK – Halle 109

Georg-Friedrich Wolf

M 0151 5466 3709

T 06151 360 8874

Filmpremiere „Portrait des Entstehungsprozess Erzengel Michael 2020“

Ort: Vor dem Institut für Neue Technische Form, Friedensplatz 11, 64283 Darmstadt; Zeit: Freitag, 09. Oktober 2020, 19.00 Uhr

Programm: Einführung: Georg-Friedrich Wolf, Stahlbildhauer ; Filmvorführung: Kurzfilm „Portrait des Entstehungsprozess Erzengel Michael 2020“, Philip Flämig

Mit freundlicher Unterstützung von Wissenschaftsstadt Darmstadt, Institut für Neue Technische Form e. V., Herzblut & Zinke, Baugeschäft Wehe & Kiesling, Statikbüro Dipl. Ing I. Schmidt, Remedia Thomas Hein, Umweltservice Uwe Hedderich

Adieu, Grandseigneur des Informel und des Tachismus

Georg Nothelfer auf der art Karlsruhe 2013. Foto: Von Harald Krichel – Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25560747

Ich werde ihn vermissen, diesen Kunstbesessenen, Urgestein der Berliner Galerien-Szene, behäbiger Vertreter seiner Zunft auf den Messen der Kunstwelt! Galerist aus voller Überzeugung, im Glauben an das Verbindende wie gleichsam Verbindliche der Kunst. Er unterstützte seine Künstler und baute sie auf. Gestand aber ebenso ein, dass es Zeiten gab, in denen nicht er die Künstler versorgte, sondern sie ihren Galeristen „durchzogen“.

2021 hätte Georg das 50jährige Jubliläum seiner Galerie begehen können. Zusammen mit seinem langjährigen Team Irene Schumacher und Vera Ehe. Seine Frau Katharina war 2017 verstorben. Und noch letztes Jahr repräsentierte der 81jährige seine Künstler persönlich auf der Art Basel. Unermüdlich im Einsatz für die Bildende Kunst. Und immer noch streitbar in der Diskussion um Kulturpoltik und Kunstmarkt. Mit Argumenten aus seinem reichen Erfahrungsschatz und vielfältigen Aktionen für die Kunst.

Allen voran seine Pop-Up-Galerie – wie man heute sagen würde – zur documenta 6 (1977) mit Werken des Informel , die gleichzeitig als Künstler-SleepIn diente. Eigentlich mit drei Galeristenkollegen geplant, sollte ein leerstehendes Bürogebäude am Kasseler Hauptbahnhof zu einer Ausstellungsfläche umgestaltet werden. Doch die drei Mitstreiter sprangen im letzten Moment ab. Quasi über Nacht wurde das Büro umgebaut und hergerichtet, so dass noch während der Eröffnung die Wände weiß getüncht wurden. Nothelfer konnte so nicht nur dem kunstinteressierten Kasseler Publikum die Stars des Informel präsentieren, er wurde auch zum Helfer in der Not. Angereisten, die keine bezahlbare Unterkunft mehr fanden, bot er in den freigebliebenen Räumen des Büros eine günstige Schlafgelegenheit.

Eduard Chillida: Berlin, 1999-2000. Corten-Stahl, H 5,5 x B 4,25 x T 4,45 m
Foto: Andreas Thum / CC BY-SA

2001/2002 sorgt er dafür, dass die unsensibel vor dem neuen Kanzleramt aufgestellte viele Tonnen schwere Stahlskulptur „Berlin“ von Eduardo Chillida angemessen umgesetzt wird – und mittlerweile als Wahrzeichen für die politischen Berichterstattung aus der Hauptstadt gilt . Zwei scheinbar schwebende geschwungene Stahlelemente greifen hier ineinander. Wie Hände oder Finger berühren sie sich aber nicht. Trotz der großen Nähe besteht hier auch die Distanz. Jeder steht für sich alleine, sucht aber den Kontakt zum Anderen. Ein starkes Symbol der Wiedervereinigung – von Kunst und Politik.

Seine Überzeugung und Leidenschaft drückt der Publizist Georg Nothelfer in der mit seinem Freund Manfred de La Motte 1991 verfassten Anthologie über die abstrakte Kunst „L’art moral – Die Würde und der Mut“ aus. Das Buch stellt über neunzig internationale Künstler aus dem abstrakt-expressionistischen Bereich vor und verweist damit – heute wie damals (1991 als Reaktion auf die Ausstellung „Deutsche Kunst im 20. Jahrhundert“ in der Stuttgarter Staatsgalerie verfasst, bei dessen großangelegtem Rückblick auf die deutsche Kunst, die Stilrichtungen Tachismus und Informel vollständig übergangen worden waren) – auf die eminente Bedeutung dieser Kunstrichtung hin.

Bei einem meiner letzten Besuche in der Galerie gab Georg es mir noch einmal an die Hand – als Studium der neueren deutschen Kunstgeschichte. Und als Erzählung seiner Lebensgeschichte- wie mir scheint: Mit Würde und Mut!

„Die Würde und der Mut – l’art moral“ Hrsg. Manfred de la Motte, 1991, Texte von Manfred de la Motte, Henri michaux, Julien Avard, Pierre Restany, René Déroudille, Michel Tapié, Otto van de Loo

http://www.galerie-nothelfer.de/publikationen6.html

Migrantas für die Shortlist des LupoLeo Award 2020 nominiert

BILDER DER VIELFALT – ein Schul-Projekt zum Thema
„Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft„. Foto: migrantas.org

bilder der vielfalt

Das Kindernetzwerk United Kids Foundations initiiert 2020 anlässlich seines 15. Geburtstags erstmals den LupoLeo-Award. Die Auszeichnung wird für herausragendes soziales Engagement im Kinder- und Jugendbereich in Deutschland vergeben.

Das Berliner Kollektiv Migrantas hat sich mit seinem Schulprojekt BILDER DER VIELFALT – Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft um diesen mit insgesamt 100.000 Euro ausgelobten Preis beworben und hat die Qualitatsprüfung bestanden.

BILDER DER VIELFALT – Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft ist Schulprojekt für Kinder der 4. bis 7. Klasse im Land Brandenburg. Mit Hilfe von Piktogrammen – entwickelt in Workshops mit Menschen unterschiedlicher ethnischer, sozialer, kultureller, nationaler und religiöser Prägungen, die ihre persönlichen Erlebnisse von Krieg und Flucht über Zeichnungen mitgeteilt haben –  werden die Schüler*innen vom Kollektiv Migrantas eins zu eins an wichtige Fragen des Zusammenlebens in der heutigen Einwanderungsgesellschaft herangeführt. Anhand der stilisierter Zeichnungen aus gelebten Geschichten von Migrant*innen, setzen sich die Kinder mit Themen wie Krieg, Flucht,  Chancengleichheit,  Identität auseinander und können so ihre Wahrnehmung von Migration reflektieren.

Eine visuelle Sprache der Migration

Sichtbar zu machen, was Menschen mit unterschiedlichem Aufenthaltsstatus und mit verschiedenen kulturellen und sozialen Hintergründen über Migration, Identität, Zusammenleben und interkulturellen Dialog denken – das ist das Ziel von Migrantas.

Entwicklung einer visuellen Sprache der Migration von migrantas.org

In seinen zahlreichen Projekten bedient sich Migrantas der Werkzeuge der Kunst, des Designs und der Sozialwissenschaften. Die Mitglieder des Kollektivs, selbst nach Deutschland eingewandert, konzipieren ihre Arbeit partizipativ mit den Teilnehmer*innen in den Workshops, verdichten deren Zeichnungen grafisch-künstlerisch zu Piktogrammen und verbreiten diese öffentlichkeitswirksam in die Stadt. Empfindungen und Lebensrealitäten von Teilnehmer*innen gelangen so aus dem individuellen in den öffentlichen Raum. Die urbanen Installationen regen Passant*innen zur Reflexion an: ihre Gedankengänge und ihr Austausch darüber vervollständigen das Werk.

Das gesamte Projekt – von den Workshops bis hin zu den urbanen Aktionen – versucht die Lücke der Repräsentation von Migration zu füllen;  es beantwortet die sehr wichtige Frage unserer Zeit der kulturellen Wende „Wer spricht?“ zu beantworten.

Die Workshops schaffen dabei einen Raum für Begegnung, Dialog und gegenseitigem Verständnis. Sie stehen für das Empowerment der Teilnehmer*innen. Denn das besondere an den Projekten von Migrantas ist, dass alle Mitwirkenden auf Augenhöhe interagieren: es gibt kein hierarchisches System. Auch die Mitglieder des Kollektivs verstehen sich als Teil der Gruppe.

Migration Nicht von der bildenden Kunst isolieren

Die spartenübergreifende Zusammenarbeit von Migrantas mit unterschiedlichen Akteur*innen der Zivilgesellschaft isoliert die Diskussion um das Thema Migration nicht von der bildenden Kunst. Vielmehr geht es darum, mit vereinten Mitteln der Kunst, des Designs und der Sozialwissenschaften soziale Teilhabe auszuüben.

Zeichnungen von Migant*innen und Migrantas Piktogramme aus der visuellen Sprache der Migration. Foto: migrantas.org

Aus allen Projekten, die die Qualitätsprüfung bestehen, wählen Kinder und Jugendliche des Jugendkomitees der United Kids Foundations ca. 20 Kandidat*innen für die Shortlist aus.

Die prominent besetzte Award-Jury der United Kids Foundations entscheidet abschließend über die ersten drei Preise. Der „Wahre Helden“-Award wird über einem Publikums-Voting mit FOCUS Online ermittelt.

Die feierliche Preisverleihung findet am 21. November 2020 in Braunschweig statt. Alle nominierten Projekte der Shortlist werden zur Preisverleihung eingeladen.

Open Air Engel

Wolf-Werk: Erzengel Michael, 2020. Installationsansicht Rheinebene. Photo: Wolf

PREVIEW der Sozial-Skulptur „Erzengel Michael“ in der Rheinebene

Noch bis zum 28. Juli ist die aus gespendetem Alteisen geschmiedete Skulptur „Erzengel Michael 2020“ des Stahlbildhauers Georg-Friedrich Wolf auf der Stettbacher Höhe (Parkplatz Klingelwald) südlich von Darmstadt vor der grandiosen Kulisse der Rheinebene zu bewundern.

Inspiriert von der Geschichte um die Engelsburg in Rom hatte Wolf die Bürger*innen Darmstadts und Umgebung im April aufgefordert „ihr“ Alteisen für einen Engel gegen die Seuche in sein Atelier, die Halle 109, zu bringen.

„Der Engel verlässt das Atelier. Die Skulptur beginnt zu atmen. Ich sehe das Werk zum ersten Mal selbst, befreit von Werkstatt und Werkzeug. In der Naturkulisse entfaltet sich der ganze Gegensatz zum eitlen Menschenwerk. Dies ist für mich die eigentliche Geburt der Skulptur“, sagt der Künstler

Wolf-Werk: Erzengel Michael 2020. Stahlskulptur.

Als Zeichen gegen die Ohnmacht in der Pandemie zieht die Skulptur alle Kunstliebhaber magisch an. Kommenden Monat soll sie im Zentrum Darmstadts eingeweiht werden.

Der Engel gegen die Seuche

Entwurf der Stahlskulptur "Erzengel Michael 2020" des Bildhauers G.-F. Wolf auf dem Fußboden seines Ateliers Halle 109 in Darmstadt.
Entwurf „Abstraktion Erzengel Michael“ 2020. Photo: Wolf

Der Darmstädter Stahlbildhauer Georg Wolf verwandelt gespendetes Alteisen in eine abstrakte Skulptur.

Als Reaktion auf die Corona Pandemie rief Wolf im April die Einwohner Darmstadts und Umgebung auf, Fragmente aus Stahl oder Eisen in sein Studio, die Halle 109 im Darmstädter Pallaswiesenviertel, zu bringen. Auf seiner Webseite und auf seinem Instagram-Profil dokumentiert er die eingegangenen Alteisenspenden und auch den Entstehungsprozess der Skulptur, die den Menschen angesichts der Ohnmacht gegen das Virus, Mut und Zuversicht zurückgeben soll.

Die Aktion war sehr erfolgreich. Viele Darmstädter Bürger haben Wolf mit ihren Stücken inspiriert. Jedes Teil erzählt seine eigene Geschichte, wie der Künstler berichtet. Ob Gullideckel, Kinderwagenachse, Mistgabel, Kamingrill oder einfach ein Stück Eisen, Wolf sammelt und verarbeitet alles, was ihm gespendet wurde. Selbst ein Stück Darmstädter Brückenträger wird zum Bau der großen abstrakten Engelsskulptur verwendet. Ein Kunstwerk der Solidarität.

Die aus vielen zusammengetragenen Einzelteilen entstehende Skulptur abstrahiert den Erzengel Michael, wie er über der römischen Engelsburg steht. Der Erzengel wird dort als Bezwinger der Pest dargestellt, wie er zum Zeichen des Sieges über die Seuche sein Schwert zurück in die Scheide steckt.

Jetzt hat die spannende Phase begonnen, in der sich die verschiedenen Einzelteile unter seiner Hand in ein Kunstwerk verwandeln. Online kann man den Fortgang des Werkes beobachten; zum Beispiel die Entstehung des 5m hohen Flügels.

Von der aktuellen Situation angetrieben, thematisiert Wolf mit seiner Aktion Kultur und Solidarität als Phänomen von Gesellschaft. Es darf und soll jede*r ein Stück beitragen. Der Künstler setzt alle Stücke zu einem großen gemeinsamen Kunstwerk zusammen.

„Karitas, Solidarität, Geist und Seele sind die herausragenden Eigenschaften, die uns als Menschen auszeichnen. Daraus schaffen wir Kultur!“, sagt Wolf. Gerade in dieser Krisenzeit hebt der Künstler die Kultur hervor, die den Menschen vom reinen Überlebenstrieb des Tieres unterscheide. Kultur gibt dem Menschen Identität und Würde. „Gerade jetzt sind das fundamentale Werte“, betont Wolf.

Der Stahlbildhauer setzt sich mit der menschlichen Hybris, dem Glauben, die Natur beherrschen zu können, anhand seiner Stahlskulpturen vielfach auseinander. „Wie sehr das ein Irrtum ist, führt uns die Epidemie vor Augen. Auch unsere technische „Macht“ kann uns nur sehr bedingt schützen,“ so Wolf.

Die Aktion, gemeinsam die abstrakte Erzengel-Michael-Skulptur zu errichten, soll der Intention des Künstlers nach Kraft spenden, die Corona-Krise zu überwinden.

Links:

Webseite des Künstlers: https://www.wolf-werk.com